Bozen September 2011
Guy Cherqui, 2011/10/10 Abbado Orchestra Mozart
Bozen, 25.9.2011
Nach musikalisch ereignisreichen Wochen in
Luzern ging die Reise, pünktlich zu einem herrlichen Altweibersommer,
wieder Richtung Italien. Bei sommerlichen Temperaturen eröffnete das
Orchestra Mozart in Bologna seine Herbstsaison. Auf dem Programm standen
zwei Klavierkonzerte von Wolfgang Amadeus Mozart (Nr. 27, KV 595 und
Nr. 20, KV 466) mit Maria Joao Pires als Solistin sowie die Symphonie in
C-Dur D 944 von Franz Schubert.
Das Orchester, in schlanker
Besetzung, zeichnete sich durch musikalische Frische und einen
transparenten Klang aus. Die Pianistin, frei von jeglichen Eitelkeiten,
ergab sich hingebungsvoll ihrem Spiel. Die Übereinstimmung und Harmonie
zwischen Orchester, Solistin und Dirigent waren beeindruckend. Allein
das jeweilige Adagio war sehr ergreifend. Bewundernswert zudem die
Tatsache, daß Maria Joao Pires gleich zwei Klavierkonzerte
hintereinander gespielt hat.
Nach der Pause folgte die seit langer
Zeit von den Wanderern heiß ersehnte Große C-Dur von Franz Schubert.
Das Orchester hatte sich etwas vergrößert, wobei eine interessante
Sitzverteilung auffiel: die Posaunen saßen zwischen Bratschen und Celli.
Abbado verzichtete auf alles Wuchtige und Schwere und ließ diese
Symphonie kammermusikalisch erklingen. Die glücklichen Wanderer erlebten
ein wunderbares Konzert und machten sich am nächsten Morgen auf den Weg
nach Bozen.
Dort gab es dann am Sonntag die Wiederholung des
Konzertes. Wobei das Wort „Wiederholung“ eher fehl am Platze ist - das
Programm war identisch - aber die Wanderer erlebten ein ganz anderes
Konzert. War der Abend in Bologna schon ein Genuß, zündete in Bozen ein
wahres musikalisches Feuerwerk. Bereits die Klavierkonzerte sprühten
vor Frische und Temperament. In der Symphonie steigerten sich Orchester
und Dirigent zur Höchstleistung. Man erlebte einen fulminant
dirigierenden Claudio Abbado, der das Orchester in einen musikalischen
Rausch führte. Unter den Musikern herrschte ein große Spielfreude, die
man auf ihren strahlenden Gesichtern ablesen konnte. Die Wanderer
hielten den Atem an und waren vollends beglückt. Das disziplinierte
Publikum war begeistert und spendete langanhaltenden Beifall. Doch der
Abend war noch nicht zu Ende: die auf Initiative von Claudio Abbado
1999 gegründete Gustav Mahler Akademie in Bozen wurde in diesem Jahr mit
zwei Medaillen vom italienischen Staat ausgezeichnet. Im Einvernehmen
zwischen der Akademie und dem Amt des Staatspräsidenten wurde
beschlossen, eine Medaille davon Claudio Abbado zu überreichen.
Stadträtin und Präsidentin der Akademie Patrizia Trincanato überreichte
ihm direkt nach dem Konzert auf der Bühne die Medaille und verlas
folgendes Glückwunschschreiben von Staatspräsident Giorgio Napolitano:
„Claudio
Abbado hatte eine richtige Intuition, Bozen mit seiner traditionellen
Bestimmung als Schnittpunkt der Kulturen, zum Sitz für ein europäisch
inspiriertes didaktisches Projekt zu machen, das junge talentierte
Musiker und große Namen der zeitgenössischen Musik zusammengebracht hat.
Dieses
dank öffentlicher und privater Unterstützung groß gewordene Projekt ist
heute emblematisches Zeugnis für die Universalität der Sprache der
Musik und ihrer einzigartigen Fähigkeit, unterschiedliche menschliche
und künstlerische Erfahrungen miteinander zu vereinen“.
Die Ehrung war ein würdevoller Abschluss eines großartigen Abends.