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Simon Boccanegra

Le pagine dei giornali tedeschi svizzeri ed austriaci (Interviste, critiche)

(Deutsche, schweizerische und österreichische Zeitungen)

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Copyright© Frankfurter Rundschau 2000
Dokument erstellt am 16.04.2000 um 21:11:32 Uhr
Erscheinungsdatum 17.04.2000

Adorno vor graugrün wogender See

Peter Steins erste Operninszenierung in Salzburg mit Verdi

Von Paul Kruntorad

Zum ersten Mal inszeniert Peter Stein in Salzburg Oper, für die vorletzten Osterfestspiele Claudio Abbados. Noch vor wenigen Jahren wäre seine Inszenierung von Verdis Simon Boccanegra auch im Programm der sommerlichen Festspiele gelandet, doch beide, Peter Stein wie Claudio Abbado, haben sich mit Gérard Mortier gründlich verkracht. Der Chef der Berliner Philharmoniker, dem nächstes Jahr Sir Simon Rattle folgt, hat alle seine Dirigate im Sommer abgesagt und sich einen neuen Partner gesucht, den Florentiner Maggio Musicale. Mit nur zwei Vorstellungen bliebe Steins Neuinszenierung reiner Luxus.

Verdi hat Simon Boccanegra - 1857 entstanden - 1881 überarbeitet, mithilfe seines bevorzugten Librettisten, Arrigo Boito. Doch die Oper ist nie richtig populär geworden. Die mäanderhafte Handlung kann man nur schwer nachvollziehen. Der Doge von Genua, der erste, der die Macht nicht geerbt hat, sondern von der Bevölkerung gewählt wurde, erfährt im Augenblick seines Triumphs, das seine Geliebte, aus dem Adelsgeschlecht der Fieschi, tot ist. Ihr Vater fordert das Kind aus der Liebesbeziehung ein, doch das Mädchen wurde entführt. Jacopo Fiesco schwört ewige Feindschaft und verlässt Genua.

Fünfundzwanzig Jahre später hebt Simon Boccanegra die Verbannung auf, in die er seine aristokratischen Gegner, die Grimaldis, geschickt hat, weil er Amelia Grimaldi für Paolo Albiani gewinnen will, den Mann, dem er den seinerzeitigen Sieg in den Wahlen verdankt. Doch Amelia liebt den Adeligen Gabriele Adorno, und bevor alles ins Reine kommt, vergehen drei Akte, in denen Verdi vom Zuhörer Empathie mit den Figuren einfordert, ihn jedoch einem Wechselbad von Gefühlen aussetzt. Feind wird Freund, der Verbündete zum Gegner.

Immer wieder freilich setzt Verdi auch eine Haltung in Musik um, die das Auf und Ab der Gefühle ausgleicht. Er zeichnet Boccanegra als idealtypischen Herrscher, der klug und besonnen menschlichen wie politischen Ausgleich sucht. Zwar rottet sich das Volk revoltierend auf den Straßen zusammen, doch in die Handlung greift es nicht ein und bleibt im Grund Staffage.

Die Dimensionen der Breitbühne im großen Salzburger Festspielhaus sind jedes Mal eine Herausforderung, und der Bühnenbildner Stefan Mayer begegnet ihr mit einer visuellen Vielfalt, die von der Abstraktion bis zur konkreten Repräsentationsarchitektur, von der Licht-Illusion bis zur handfesten Kulisse reicht. Gleich zu Beginn schieben sich virtuelle Säulensäle auseinander und geben den Blick frei auf die graue, düstere Fassade eines Palastes. Mit einem sicheren Gespür für Proportionen leistet sich Mayer auch minimalistische Bilder, ein simpler Stuhl als Herrscherthron auf einem Podest vor einer hohen Lichtwand in der Mitte der Bühne signalisiert die Situation der Einsamkeit des Dogen.

Ein schwarzer Raum verwandelt sich, wenn durch die sechs schmalen Türen nüchtern graues Tageslicht einfällt, in ein Gefängnis, von innen mit roten Lichtbalken beleuchtet und gegliedert, in einen eleganten Art-Deco-Salon. Dann wieder ist die Breitbühne leer, der Rundhorizont verschwindet im dichten Nebel, in dem nur flackernde Fackeln Boccanegras Gegner markieren, die sich zu einer Versammlung begeben. Der Nebel lichtet sich, der Rundhorizont gibt den Blick frei auf die Unendlichkeit der graugrün wogenden See.

Die Farbigkeit der historisierenden Kostüme Moidele Bickels hilft, die Personen wie auch die politischen Fraktionen zu unterscheiden, ein wichtiger Faktor der Orientierung. Peter Stein verzichtet auf jede Aktualisierung in der weisen Einsicht, dass keine noch so ausgeklügelte Regieidee die Handlung einsichtiger, plausibler machen könnte. Er stimmt den Duktus seiner Inszenierung ganz auf die Musik ein, begleitet sie in der Darsteller-, der Chor- und Statistenführung kontrapunktisch. Er handhabt die Konventionen der Opernregie makellos. Die Massenszenen wirken lebendig, ohne dass jeder einzelne Statist oder Chorist individuelle Aktion markieren muss, jede Figur bekommt durch Nuancen der Körpersprache eine eigene Identität.

Im nächsten Jahr verabschiedet sich Claudio Abbado als Leiter der Osterfestspiele mit einem Falstaff. Das wird dann, nach dem Otelo von 1996 die dritte Verdi-Oper sein, die er mit den Berliner Philharmonikern erarbeitet hat. Die Berliner, die ja nur bei den Salzburger Osterfestspielen, allerdings seit mehr als 30 Jahren, als Opern-Orchester auftreten, zeigen in Abbados Einstudierung von Simon Boccanegra, wie perfekt sie den Verdi-Klang meistern, geschmeidig, transparent, mit dem richtigen Quantum an Italianitá in den Tempi, mit triumphalen Glanz, aber auch mit einem Hauch von Trauer.

In der Besetzung war Roberto Alagna als Gabriele Adorno im Vergleich zu Carlo Guelfi in der Titelrolle, Julian Konstantinov als Fiesco, Lucio Gallo als Paolo Albiani, etwas enttäuschend. Karita Mattila als Amelia überstrahlte sie alle. In Salzburg ist zumindest zu Ostern die Opernwelt heil wie vielleicht nur noch in Italien, und der Jubel des Premierenpublikums war entsprechend.

Wiederholung am 24. April

 DER STANDARD
Montag, 17. April 2000, Seite 11 Kultur [<] [>]

Verdis "Simon Boccanegra" eröffnete die Salzburger Osterfestspiele
Der gute Mensch im leeren Raum
Heftiger Jubel im Großen Festspielhaus in Salzburg: Verdis ungeliebtes Meisterwerk erstrahlte in schillernden Orchesterfarben. Auf der leer geräumten Bühne erzählt Regisseur Peter Stein indes eine komplexe Geschichte eher statuarisch und konventionell - findet Ljubisa Tosic
Salzburg - In den 70er-Jahren wunderte sich Maestro Claudio Abbado in Programmheften der Mailänder Scala, dass Verdis Politdrama Simon Boccanegra nicht so recht Repertoire werden wollte, und wusste doch selbst genau, warum: Das ungeliebte Meisterwerk, Vorbote eines Spätstils, bietet jede Menge durchkomponierten Wohlklangs, nur keine effektvollen Arien-Nischen, in die sich ein vokaler Torero zurückziehen kann.
Tenor Roberto Alagna versucht es dennoch. Zwar meint Regisseur Peter Stein, dass wer liebt, laufen muss, wenn er schon vor Hormonstau nicht fliegen kann. Und so läuft Alagna als Gabriele Adorno um seine ihm nachlugende Maria weite, pathetische Kreise - eine neue Variante des Vorspiels womöglich.
Doch zweifellos fühlt sich der Tenore am wohlsten an der Rampe - noch eine Mandoline in seiner Hand, und er wäre auch noch seine gestischen Probleme los. Doch, ach, weit und breit kein Instrument, und an einer sehr kantablen Stelle verlässt ihn gar die Sicherheit seines Organs. Höflicher Zwischenapplaus. Diese Stimme ist gut, nicht gut genug jedoch, um zu verzeihen, dass ihr Inhaber irgendwie aus der Opernsteinzeit kommt.
Nötige Attacke
Mag sein, dass Peter Stein an Alagna verzweifelt ist. Aufgerichtet mochte ihn vor allem Karita Mattila (als Maria) haben. Mit nötiger Attacke und Dramatik durchbricht sie glaubhaft die oratorische Anlage dieser Inszenierung, indem sie ein bisschen innere Handlung nach außen trägt. Bis auf zwei, drei überforcierte Noten ist sie zudem auch vokal von überbordender Präsenz, entwickelt die Kantilene aus der Figur heraus, und kann dennoch jenen Punkt finden, an dem das Dramatische das Lyrische trifft.
Auf der Suche nach Inszenierungsideen weicht die Euphorie allerdings ein bisschen. Öfters nicht ganz zugehende Vorhänge, welche die Bühne verkleinern sollen, und der leer geräumte Raum fallen auf. Das war's irgendwie. Der Ausstattungsminimalismus (Bühnenbild: Stefan Meyer) soll die Figuren ins Zentrum rücken, produziert mit ihnen zusammen allerdings vor allem einen Oberflächenglanz, der malerische Panoramablicke gewährt und symmetrische Tableaus entstehen lässt.
An die Rampe
Die Festspielbühne erinnert mitunter an ein leer geräumtes Kino mit breiter Leinwand. Gleich beginnt der Film . . . Zeitlos altmodische symbolfreie Räume. Licht- und Schattenspiele. Und ein reduktionismus, der auch die Figuren betrifft, die Stein oft an die Rampe schickt. Setzt er sie in Bewegung, so dürfen sie massenhaft fechten oder mit Dolchen drohen. Oder Überflüssiges tun:
Wie Simon Boccanegra nach Betreten einer kleinen Kapelle, wo seine Geliebte tot aufgebahrt liegt, seltsam lange herumirrt, bis er sie findet. Man fragt sich: Weiß der Mann nicht, was ein Sarg ist? Carlo Guelfi kann nichts dafür. Er ist hier der gute Mensch, der durch Liebe in die Politik getrieben wird - ein Idealtypus des Mächtigen ohne Machtallüren und Appetit auf Missbrauch.
Carlo Guelfi reiht sich mit seiner profunden und tragenden Stimme in die mehr als passable vokale Ensembleriege ein - wie auch Julian Konstantinov (als Fiesco), Lucio Gallo (als Paolo) und der Chor.
Claudio Abbado, der nun also wieder einen Versuch unternimmt, Verdis Werk zu etablieren, wird nicht die Schuld treffen, wenn es nicht gelingt. Von Beginn an inszeniert er das wahre Drama als ein solches im Orchestergarben, changiert zwischen eleganten Linien und extremen Ausbrüchen, die zumindest anfangs ein wenig zu viel der Schärfe einbrachten.
Diesmal war er zweifellos jedoch auch der Herr der wesentlichen Zwischentöne der Partitur, der die Sänger trug und beflügelte. Applaus für ihn und alle Beteiligten - inklusive Regisseur. Ein Dank für die Freuden des Oberflächengenusses und dafür, eine komplexe, verworrene Geschichte um eine Genueser Fehde unkompliziert erzählt bekommen zu haben. Bei den Salzburger Festspielen wird man sie übrigens nicht sehen können . . .

Stuttgarter Nachrichten, 19/04/2000

Verdis ¸¸Simon Boccanegra'' bei den Osterfestspielen Salzburg
Geworfene vor großer Kulisse


Wie wunderbar gleich dieses Bild: Breit, großmächtig eröffnet Stefan Mayers Bühne eindrucksvoll ein historisches Panorama. Fahlblau die Paläste; Schlaglichter, Schlagschatten in ihrem Inneren. Wolken, schwarz wie die Nacht, über der riesigen, am Ende ganz leeren, die Menschen verkleinernden Spielfläche im Salzburger Festspielhaus.
DIETMAR N. SCHMIDT

.
Tatsächlich atmet Verdis Werk Geschichte, dieses im Besonderen. Mehr als in seinen häufiger aufgeführten Musikdramen prägen sich in ¸¸Simon Boccanegra'' die politischen Zeitläufte aus. Ein Stück, das von Ferne an Schillers ¸¸Fiesco'' erinnert. Auch hier wird der Machtkampf zwischen Volk und Adel für die Protagonisten und ihre familiären Liebesbeziehungen zum Schicksal.
Genua im 14. Jahrhundert: Simon Boccanegra, der die Stadt von den Piraten befreite, liebt die Tochter seines Feindes, des Anführers der Patrizier, Fiesco, und wird vom Volk in dem Moment, in dem er die Geliebte tot vor Gram wieder findet, zum Dogen ausgerufen. Und während die Menschenmasse ihn auf die Schultern nimmt, triumphierend über die Bühne stürmt, will er sich mit den Augen noch am gläsernen Sarg festhalten. Es ist dieser erschütternde Triumphzug ein erster starker Augenblick der diesmal vor allem choreografischen Regiekunst Peter Steins. Wieder und wieder hat er in dieser Inszenierung für solche Pointierungen gesorgt. Höhepunkte eines musikalischen Sturm und Drang, der eindrucksvolle Massenbewegung raffiniert über psychologische Tiefenschärfe stellt: dem Geschehen, der Partitur entsprechend.
Wenn man diesen Salzburger ¸¸Simon Boccanegra'' sieht, wird begreiflich, warum sich die Theater wie Verdi selbst mit dieser schwarzen Oper so schwer tun. Sie findet nur selten aus der Glut der Geschichte heraus in zwischenmenschliche Leidenschaft. Steins Fähigkeit, damit zurechtzukommen, kann nicht hoch genug geachtet werden.
Außerordentlich aber wurde der Eröffnungsabend der Osterfestspiele erst durch ihren künstlerischen Leiter und Dirigenten, durch Claudio Abbado mit den Berliner Philharmonikern. Mit einem Orchester also, das von Haus aus für dieses Werk das charakteristische, kernige Klangbild mitbringt. Im Unterschied zu den Wiener Philharmonikern, die mit ihrer weicheren, von den Streichern bestimmten Farbigkeit den Sommer in Salzburg beherrschen, spielen die Berliner vergleichsweise herb, kontrastreich, trotzig, männlich ernst der Ausdruck. Orchestrale Eigenarten, die Abbado sehr zu betonen schien; manchmal auch zum Nachteil der Feinabstimmung mit den Sängern, die sich im Verhältnis zum äußerst beweglichen Chor (Leitung: Winfried Maczewski) mühevoll behaupten müssen.
Im Ensemble viel Stimmkultur. Carlo Guelfi als Simon Boccanegra ist vom Typ her eher vierschrötig statt gutmütig, womit ein gewisser Widerspruch zur matten Gefühligkeit seines Baritons gegeben ist. Markant der Bass Julian Konstantinov als Fiesco. Schön, aber etwas verloren im weiten Bühnengelände Roberto Alagna als tenoraler Feuerkopf Gabriele Adorno. Bewährt in der Partie der Amelia alias Maria Karita Mattila, ein beseelter, kräftiger Sopran. Nicht zu vergessen den raumbeherrschenden Volkstribunen und Schurken Paolo von Lucio Gallo. Ein bewegendes Ereignis - gelungener Auftakt der diesjährigen Festspielsaison.

 Salzburger Nachrichten, 17/04/2000

Wie ein schönes altes Gemälde
Die Osterfestspiele bleiben das luxuriöseste Festival der Welt. Nur zwei Mal wird am Ort ein kostbarer "Simon Boccanegra"von Verdi gegeben.

KARL HARB
Kostbar - und ein Fest für sich - sind schon die Kostüme von Moidele Bickel. Diese edlen Stoffe! Diese Abstufungen der Farben: das Purpur, das Blau, das Orange, das Gelb, das blendende Weiß! Diese wunderbaren, fließenden Schnitte! Ohne ein Zutun der Bühne (ausgestattet von Stefan Mayer) wähnt man sich im Genua des 14. Jahrhunderts. Kommt dann auch noch das schöne Licht dazu - und ist es nur nicht neonmäßig modisch verschmockt -, dann denkt man, Gemälde der Früh-Renaissance-Meister würden lebendig.
Und komponiert dann auch noch der Regisseur, Peter Stein, die Bewegungsabläufe (die am schönsten immer sind, wenn es tatsächlich auf der weit geöffneten Bühne des Großen Festspielhauses "Läufe" sind), dann wird daraus ein erlesenes, exquisites Schau-Vergnügen. Gewiss: Packender war's, als diese Kostüme vor vielen Jahren, in Cardiff und in Brüssel, auch noch in den entsprechenden Architekturen angesiedelt waren und darin "Otello", Peter Steins erster, für viele unerreichter Verdi-Wurf, gespielt wurde.


Peter Stein: ein Regisseur
vom alten Schlag

Stein ist inzwischen - was die szenische Fantasie betrifft - sicherlich bescheidener geworden. Er verteidigt einen ganz und gar altmodischen Begriff von Theater im Allgemeinen, von Oper im Besonderen. Den Tenor, beispielsweise, lässt er Tenor sein: Roberto Alagna, der junge Star, ist sich auch selbst genug. Er singt den Gabriele Adorno draufgängerisch und blendend und immer in der Haltung, die man einem Tenor gemeinhin zubilligt. Nur seine große Arie im 2. Akt, vor rotem Vorhang, geriet dann doch noch ein wenig ausdrucksschmal.
Aber da ist ja auch Karita Mattila, die Amelia dieses "Simon Boccanegra", dessen Inhalt kaum richtig nachzuerzählen ist. Sie ist die verloren geglaubte, nach vielen Jahren wieder gefundene Tochter des Dogen, die Geliebte Gabrieles, der wiederum glaubt, sie wäre die Geliebte Boccanegras - was ihn mit zu einer Verschwörung anstiftet, die für den Dogen fatal ausgeht. Er hat den Giftbecher schon getrunken, als die familiäre Wahrheit ans Licht kommt.
Karita Mattila also singt mit wunderbarer, nie überstrapazierter Leuchtkraft und schönster Natürlichkeit die Tochter und die Geliebte. Sie fällt in entzückte Tanzschritte, als ihr Gabriele sich ankündigt, sie fliegt förmlich über die leere Bühne, und die feinsten Schleier der Kostümbildnerin umwehen sie. Dann kommt sie, im 2. Akt, in tiefem Rot und zeigt leidenschaftliche Gefühle. Und am Schluss sinkt der ermattete Doge, mit "echt" gebrochener Stimme, in ihren Schoß.


Sing-Schauspieler prägen
das Profil der Aufführung

Carlo Guelfi, Sing-Schauspieler im besten Sinne, ist ein stattlicher Simon, ein würdiges politisches Haupt mit tragischer privater Geschichte. Mit seinem Widersacher, Fiesco, söhnt er sich - natürlich wieder auf leerer Bühne! - erst nach langen Irrungen und Wirrungen aus. Julian Konstantinov, ein junger, substanzreicher, zugleich aber auch sehr flexibel anmutender schwarzer Bass, ist da glaubwürdig der alte Mann - und Carlo Guelfi in feiner Balance ebenbürtig.
Das alles fasst Peter Steins Regie ziemlich übersichtlich zusammen - und das ist bei dem schwer zu durchschauenden Libretto schon eine gewisse Leistung. Dazu gehört - außerhalb der Massenszenen - auch die Konturierung der Nebenfiguren, von denen jene des Lieblingshöflings Paolo die stärkste Prä-gung hat. Lucio Gallo bietet eine jederzeit präsente Darstellung.
Spannend wird es, wenn theatralische Aktion angesagt ist, da entwickelt sich jede Szene durchaus facettenreich. Da zeigt sich auch, dass der mächtig und doch stets pointiert aufsingende European Festival Chorus (Einstudierung: Winfried Maczewski) als Kollektiv individuell sehr beweglich ist. Fad bleibt es in den privaten Räumen, also besonders im 2. Akt, der keine innere Spannkraft zu erkennen gibt. Da ist die Oper am "operatischsten", und Peter Steins Regie kommt über müd gestellte Szenen nicht hinaus. Da vermisst man eine profilierende Handschrift.
Hier verliert dann auch Claudio Abbado ein wenig den Faden. Aber was entdeckt er nicht sonst alles in dieser kühnen Partitur von 1857/1881, ganz gewiss seit vielen Jahren eines seiner Lieblingsstücke. Von der ersten dunklen Kantilene an ist da eine meisterliche Mischung klanglich delikatester Valeurs, die über ein bloß äußerliches Drama hinaus- und ins Innere der Musik weisen.


Claudio Abbado entdeckt
eine "moderne" Partitur

Jede Stimmung ist präzise kalkuliert, jeder Ausbruch exakt bemessen und gesteuert (mitunter auch knallig effektvoll und ganz auf Panoramawirkung hin angelegt). Aber das Klangrelief, das Abbado mit den großartigen Berliner Philharmonikern aus dem Graben hebt, ist jederzeit plastisch durchgestaltet, überraschend modern in vielen Details. Es kennt das klare Maß und die Balance von Bewegung und "Stille", von Ausbruch und Zurücknahme.
Die Musik trägt das Drama, und das schafft zufriedene Gefühle. Sie entluden sich bei der Premiere am Samstag in durchaus orkanartigen Beifall. Karajan selig hätte sich im Stillen gefreut. Die Salzburger Osterfestspiele gehen heuer weiter wie in seinem Sinn und bleiben, was sie immer schon gewesen sind: absolut exquisit.
*
"Simon Boccanegra" ist eine Koproduktion mit dem Maggio Musicale Florenz und wird in Salzburg nur noch am 24. April gezeigt. Eine Übernahme in den Sommer ist nicht mehr vorgesehen.

 Wiener Zeitung, 17/04/2000

Osterfestspiele Salzburg: Premiere von "Simon Boccanegra"
Effektvolle Musik eingebettet in eine unsagbare Handlung

Von H. G. Pribil, Salzburg


Regisseur Peter Stein hat zu Salzburg ein "ambivalentes" Verhältnis. Mit dem "Belgier in Salzburg" (Gérard Mortier) kann er nicht. Und wenn er den Namen Peter Ruzicka hört, fragt er: "Wer ist das?" Aber mit den Salzburger Osterfestspielen kann er. Für die inszenierte er Verdis "Simon Boccanegra", mit dem nun die Osterfestspiele am Samstag eröffnet wurden (in Zusammenarbeit mit dem Maggio Musicale Fiorentino). Es ist Steins dritte Verdi-Inszenierung (nach "Otello" und "Falstaff") und dritte Salzburger Operninszenierung (nach Bergs "Wozzeck" und Schönbergs "Moses und Aron").
"Simon Boccanegra" ist kein Werk für den Alltag und fürs Repertoire. Diese Oper ist ein Werk für besondere Anlässe bzw. Festivals. Das liegt nicht an der dunklen, leidenschaftlichen, effektvollen Musik, das liegt an der rätselhaften, verworrenen Handlung, die man bei bestem Willen nicht zwingend und schlüssig erzählen kann. Es dauert 25 Jahre (Prolog und drei Akte), bis Klarheit in diese Familienverhältnisse kommt, und der Titelheld stirbt eineinhalb Akte lang den wohl längsten Gifttod der Geschichte.
Claudio Abbado ist bereits seit 1976 (Mailand) mit dem "Simon Boccanegra" engstens verbunden, und ihm und Peter Stein ist es dann auch zu danken, dass die nunmehrige Salzburger Produktion solchen Effekt macht.
Peter Stein und sein Team (Bühnenbild: Stefan Mayer, Kostüme: Moidele Bickel) haben die monumentale Breitwandbühne des Großen Festspielhauses bestens in den Griff bekommen. Stein überinszeniert nicht, aber er schafft es, auch in diesen großen Dimensionen so etwas wie familiäre Intimität aufkommen zu lassen. Das erreicht man durch variable Bühnenausschnitte einerseits, durch Licht- und Beleuchtungseffekte andererseits. Dass Stein Massenszenen liebt, ist bekannt - und im Falle dieser Oper ist das ja auch durchaus angebracht. Einen tollen Effekt machen die magisch ausgeleuchteten, verschiebbaren Quader im Prolog (Platz ist Genua) und die transparente Wand in der Ratsszene, die den Blick auf das innere und das äußere Geschehen freigibt. Aber es wird auch immer wieder auf fast leerer Bühne gespielt. Steins Versuch, "überschaubare Menschenräume zu schaffen", ist jedenfalls voll gelungen.
Am Pult der minutiös aufspielenden Berliner Philharmoniker ist Claudio Abbado ein Garant für eine mustergültige Realisierung der dunkelglühenden, stimmungs- und geheimnisvollen Musik, die ihren Schöpfer auf dem Weg zu seinem Altersstil zeigt. Abbado entfesselt ein atemberaubendes Furioso an leidenschaftlichen Farben und versteht es, so gut wie jeden knalligen Effekt zu vermeiden. Das ist wirklich ein Verdi-Dirigat der Extraklasse, das echt zu elektrisieren vermag. (Abbado wurde denn auch bereits während der Aufführung von der stark vertretenen italienischen Kolonie im Premierenpublikum mit Extrajubel überschüttet.) Mustergültig agierte auch der von Winfried Maczewski einstudierte European Festival Chorus.
Carlo Guelfi singt die Titelpartie profund, mit markantem Timbre und nobel-würdevoller Gestaltungskraft. Seinen langen Gifttod meistert er ohne jede Outrage.
Karita Mattila ist eine ganz hinreißende Amelia. Sie lässt es in keinem Moment an Strahlkraft, Fülle und Intensität fehlen - geht darstellerisch bis an die Grenzen der Selbstaufgabe. Würdig auch der Fiesco von Julian Konstantinov. Roberto Alagna (Gabriele) scheint über so etwas wie einen Naturtenor zu verfügen, was allerdings zur Folge hat, dass seine Stimme an Glanz verliert und zu wackeln beginnt, wenn er auf Ausdruck und darstellerische Intensität setzt. Tadellos der Paolo von Lucio Gallo.
Viel Jubel nach dieser insgesamt aufregenden Verdi-Premiere, die auch beim Erscheinen des Regisseurs durch keinen einzigen Buh-Ruf behelligt wurde.


 

 Neue Zürcher Zeitung FEUILLETON

Montag, 17.04.2000 Nr.91 29
Stimmungshaftigkeit und Theatralik
Verdis "Simon Boccanegra" bei den Osterfestspielen Salzburg


Seit Jahrzehnten setzt sich Claudio Abbado für "Simon Boccanegra" ein, die genuesische Dogentragödie, die Verdis zentrale Themen in eigentümlich düsterer Perspektive bündelt: den Konflikt zwischen Liebe und Macht bzw. die Unvereinbarkeit von privatem Glück und politischer Herrschaft, aber auch die komplexe Gefühlsbeziehung zwischen Vater und einziger Tochter.
Mit der Aufführung im Rahmen der Osterfestspiele (in Koproduktion mit dem Maggio Musicale Fiorentino statt mit den Sommerfestspielen) hat Abbado dem Werk abermals zu einem prominenten Forum und -dem Schlussbeifall nach zu schliessen - zuweiterer Akzeptanz verholfen. In seiner Lesart präsentiert sich "Simon Boccanegra" im Grossen Festspielhaus tatsächlich als ein Meisterwerk von unverwechselbarer Eigenart.
Abbado geht von den charakteristischen Naturstimmungen der "Boccanegra"-Partitur aus und entwickelt aus diesen die psychische Gestimmtheit der Figuren, analog der Wechselbeziehung zwischen Simon und dem Meer, das des Dogen seelische Heimat ist. Das verleiht der Oper einen gleichsam impressionistischen Grundzug, den die Berliner Philharmoniker mit ihrer spezifischen Kunst der Klangmalerei und der transparenten Vielstimmigkeit zu delikatester Wirkung bringen. Wunderbar poetisch, locker und leicht beginnt der Prolog, baut sich dann in grossem Spannungsbogen auf und endet mit einem gellenden Schrei: Den Jubel, mit dem das Volk Simons Wahl zum Dogen feiert, hören wir so, wie er diesem ins Ohr dringt, schrill, schmerzhaft; denn im Moment seines Triumphs hat er seine Geliebte, die Mutter seines Kindes, verloren, für die er Doge werden wollte. Ein grosser Moment des Musikdramatikers Verdi, aber ebenso des Orchesters und des European Festival Chorus.
Auch der Regisseur Peter Stein und sein Bühnenbildner Stefan Mayer haben sich von der Stimmungshaftigkeit des Werkes leiten lassen, doch Stimmung sichtbar zu machen erweist sich als wesentlich schwieriger, denn sie in Klang umzusetzen. Häufige Licht-, Farb- und Bildwechsel sollen den Szenen je eigene Atmosphäre verleihen, die Bildsprache führt quer durch die Zeiten, von den mittelalterlichen Strassenzügen im Prolog bis zum kalten schwarz-weiss-roten Zimmer des Dogen. Eine Konstante bilden die Kostüme von Moidele Bickel in ihrer hochästhetischen Farbsymbolik. Sonst aber zerfällt die Inszenierung in unterschiedlichste Teile. So grossartig die Bilder mit dem offenen, unendlich weiten Meereshorizont wirken, so peinlich mutet die Szene an, da Simon im Fiesco-Palast seine Geliebte sucht und sie endlich, als letzter im ganzen Festspielhaus, im Glassarg entdeckt. Und die "Einblendung" des Brautpaares Gabriele/Maria unter einem Madonnenbild, während der Verräter Paolo sein Todesurteil erwartet, steht jener Prologszene an Geschmacklosigkeit kaum nach. Wenn das Volk beflissen von links nach rechts und dann von rechts nach links über die Bühne rennt, Schwerter klirren, Fackeln flackern, herrscht schiere Theatralik.
Wo aber bleibt der Menschengestalter Peter Stein? Die eigentliche Schwachstelle der Salzburger Inszenierung besteht darin, dass für die Titelrolle kein adäquater Interpret zur Verfügung steht. Carlo Guelfi singt zwar die Partie mit seinem hellen, agilen Bariton bis auf einige Kratzer am Schluss mühelos, aber so wie es seiner Stimme an charakteristischer Tönung, an Ausdrucksintensität und Farbenvielfalt fehlt, mangelt es seiner Darstellung an persönlicher Ausstrahlung. Dieser Doge ist keine moralische und politische Instanz, sein Aufruf zu Einigkeit und Versöhnung gewinnt keine menschliche Überzeugungskraft. Da haben Simons Gegenspieler weit schärferes Profil: Fiesco, dem der junge Bulgare Julian Konstantinov einen warmen, strömenden Bass und eine markante Erscheinung leiht, vor allem aber der sängerisch und darstellerisch gleichermassen pointierte Paolo von Lucio Gallo. Enttäuschend auch Roberto Alagna als Gabriele Adorno, Parteigänger der Patrizier und Geliebter der Dogentochter. Der Hoffnungsträger unter den jüngeren Tenören scheint den Zenit bereits überschritten zu haben. Sein Timbre ist zwar immer noch exquisit, aber es vermag Unebenheiten der Stimmführung und Verengungen in der Höhe nicht zu übertünchen, und als Figur bleibt Alagnas Gabriele trotz seiner permanenten Schwärmer-Attitude blass.
Eine einzige Gestalt weist unverkennbar Steinsches Gepräge auf, die Dogentochter Maria, die zunächst unerkannt als Amelia Grimaldi im Exil lebt. Ihre emotionale Überspanntheit mag zwar auf die Dauer manieriert erscheinen, doch spürt man da ein zielgerichtetes Ausdeuten der Rolle. Und dies um so mehr, als Karita Matila die Partie auch sängerisch differenziert ausformt, mit einem sehr hellen und schlanken, gleichwohl expressiven Sopran.
Im nächsten Jahr wird Claudio Abbado bei den Osterfestspielen gleich nochmals Verdi spielen, "Falstaff", das letzte Opernwerk. Eine sinnvolle Programmierung, nicht nur weil es 2001 den 100. Todestag des Komponisten zu feiern gilt, sondern auch deshalb, weil so auf das pessimistischste Verdi-Stück das heiterste folgen wird. Bleibt zu hoffen, dass dann, mit Declan Donnellan als Regisseur und Nick Ormerod als Ausstatter, die szenische Wiedergabe auf gleicher Höhe steht wie die musikalische.

 Die Welt, 17/04/2000

Hochmanieriert, musikalisch das Höchste: "Simon Boccanegra" von Abbado/Stein bei den Salzburger Osterspielen

Nicht ohne seine Verdi-Tochter

Von Manuel Brug

Blechattacken, Kontrabassschläge. Giuseppe Verdis mit Arrigo Boito umgearbeiteter, deshalb so merkwürdig zwischen den Gesangsopernzeiten von 1857 bis 1881 stehender "Simon Boccanegra" ist das Unding eines Belcantodramas. Musik nicht als Sedativum, wohlig arioses Frohlocken zulassend, sondern als Schmier- und Aufputschmittel für ein hart geschnittenes, Jahrzehnte überspringendes Drama um einen zum Politiker gewendeten Korsaren, eine tote Geliebte, deren hassenden Vater, beider entschwundene Tochter und Enkelin, deren kindisch aufständischen Liebhaber und einen altbösen Verräter. Niemand weiß was, ständig wird enttarnt, enthüllt, aufgedeckt, intrigiert, vergiftet. Eine Dramaturgie der beständigen Überraschung, vorangepeitscht durch eine Musik, die schnell und unverblümt zur Sache kommt, den dunklen Ton liebt, selten auf- und ausblüht, immer schon der Handlung vorauseilt, am liebsten die verschiedenen Erzählstränge in alle Bühnengesetze negierender Gleichzeitigkeit auffächern will.
Ein verstörendes, mit Hörgewohnheiten brechendes, sich der bloßen Kulinarik verweigerndes Stück, naturgemäß kein sehr beliebtes. Aber überaus geschätzt von Claudio Abbado, den es von Mailand nach Wien und Berlin begleitet hat. Der jetzt bei den Salzburger Osterfestspielen, am Pult der formidablen, dramatisch aufglühenden Berliner Philharmoniker, ein Wunder des Klangs, des unaufhörlich magisch tönenden Drehens der Verdi-Schraube erreicht - von der ersten, losdrängenden E-Dur- Kantilene bis zum unendlich leise vertupfenden, in die theatralische Ewigkeit gehaltenen Final-Akkord. Es ist ein flexibler, sehr herber, keuscher, nie überhitzter Klang, der mitunter zärtlich zu reflektieren weiß, um ohne Vorwarnung loszudröhnen: Fanfarenstöße, Schicksalsschläge einer Historie höchstens zitierenden Familien- und Stadtgeschichte aus der Dogenrepublik des alten Genua.
Ein- und Ausblicke, zwischen flexibel gewählten Vorhangöffnungen, wie ein Altar aufklappenden Parvents mit perspektivischen Quattrocento-Veduten; hinten ein transparentes Tabernakel, in dem die tote Frau aufgebahrt ist. Bunt flottierende Chormasse, kerzenbewehrte Nonnenprozession, Fackelträger, der einzelne, gerade zum Führer ausgerufenen Protagonist einsam über dem wogenden Volk schwebend. Gereckte Hände, gebeugte Knie, Barmen, Hoffen, Zagen, Wüten, Trauern; Kitsch und Wahrheit, Hollywood und Oberammergau, Kolossalgemälde und nur scheinbar intime Passion: Peter Steins szenische Zurichtung, in Stefan Mayers unentschlossenen, mal opulenten, mal nackten, mal neonkalten, mal ölschinkenhaft plüschigen Bildern und in Moidele Bickeles kostbar stoff- wie faltenreichen, stilistisch offen mit ein, zwei Signalfarben prunkenden Kostümen, sie ist eine bewegte. Kaum ein Augenblick der Ruhe, und wenn, dann ist dies ein Gefrieren im schönen Moment, ein "Verweile doch" festgehaltener Melodie als trügerischer Schein des musikalischen Stillstands.
Peter Stein, der gerade noch ein Donnerwetter über den Salzburger "Schweinestall" abschoss, weil Gerard Mortier die Produktion im Sommer nicht koproduzieren mag, jetzt wohl der Florentiner Maggio Musicale eingespringt, hat also Perlen vor die Säue geschmissen. In seinen Opernarbeiten - mit steigender Amplitude - schon immer altmeisterlicher, konservativer als in seinem Theaterleben, manifestiert er diese Tendenz, für Salzburg eine kurze Auszeit vom herkuleischen "Faust"-Werkeln in Hannover nutzend, und übersteigert sie ins barock Wuchernde, verdreht Manierierte. Bewegung als Selbstzweck, Ausdruck einer Sucht auf nachgestellte Tafelmalei, raffinierte Personen- und Bilderwechsel, die allerdings zusehends ausfransen, beliebig werden, sich am entfesselten Spektakulum berauschen. Stein, das alte Kind und der Opernzauberspuk: eine Versteinerung.
Dazwischen freilich großmächtige optische Findungen: Ganz allein auf der Breitwandbühne, die einen Meeresstrand vorstellt, der sich zum Horizont weitet, Maria Grimaldi (Karita Mattila, die Unvergleichliche), violinenumsäuselt, in weißer Seide, dramatisch den blauen Schleier raffend, unablässig eine verloren gegangene Haarsträhne aus dem Madonnenantlitz streichend. Später, in ebensolcher Attitüde, der sterbende Simon, angesichts des ewigen Ozeans über das begrenzte Leben nachdenkend. Gelungen das schwer pubertierende, anrührend duettierende Hin und Her zwischen Maria und ihrem Geliebten Gabriele Adorno, den Roberto Alagna gibt; kein echter schwerer Verdi-Held, aber einen solchen - trotz bisweilen aus dem Focus rutschender, mit Schmelz wettgemachter Forte-Töne - geschickt fingierend, vor allem optisch als Tenor-Beau und atemlos Mantel und Degen schwingender vierter Sing-Musketier. Sie beide ein traumschönes, heute so seltenes Verdi-Paar.
Toll auch die auf einem weißleuchtenden Podest platzierte Erkennungsszene zwischen Dogenvater Simon und seiner verlorenen Tochter, ohne die er von nun an nicht mehr sein möchte. Hier allerdings wird die künstlerische Fallhöhe zwischen der sich verzehrenden Karita Mattila, wo jede Silbe bebt, jeder Ton erfühlt und erfüllt ist, ein kostbares Verdi-Wundertier, und dem lediglich auf Schönklang bedachten Stimmbesitzer Carlo Guelfi deutlich: Sie spielt singend ein Drama, er spielt ungerührt mit seinem leidlich profunden Vokalorgan. So bleibt im Zentrum des Verdi-Ungewitters eine Leerstelle; wie überhaupt die tiefen Stimmen, die dieser Oper ihre speziell färbende tinta geben, Julian Konstantinovs rachsüchtiger Großvater Jacopo Fiesco und Lucio Gallos bemühter Verräter und Vergifter Paolo Albiani, durch charakterlose Neutralität enttäuschen.
Dann brandet aufständisch brodelndes Volk in Gestalt des fulminanten European Festival Choir hinter transparenter Wand, steht Sekunden später faustschwingend an der Rampe. Hüllt schließlich, Akte später, den toten Körper Boccanegras auf emporfahrendem Katafalk fast ein. Ein Bild, nur in der Oper möglich. In solchen Momenten ist Stein Stein und leerer Operntand routinierter Gebärden-Arrangements vergessen. Und Verdi bleibt sowieso der Größte.

 

 Sueddeutsche Zeitung, 17 aprile 2000

Schwarz ist schwarz


Claudio Abbado und Peter Stein kümmern sich in Salzburg um Verdis Oper „Simon Boccanegra"

Eduard Hanslick, der unversöhnliche Wiener Musikkritiker, hat es schon immer gewusst. „Unter den verschiedenartigen schädlichen Operntexten," schrieb er, als Giuseppe Verdis ,Simon Boccanegra' 1882 erstmals in Wien auf die Bretter fand, „sind die unverständlichen, verworrenen fast noch nachteiliger als für die musikalische Wirkung, als die einfach langweiligen." Damit war der Stab gebrochen über die Oper, als Ganzes, denn Hanslicks Urteil würde auf so ziemlich jede Oper seit Jacopo Peris ersten Versuchen mit dieser Gattung gelten. Deshalb könnte man kontern: je wirrer ein Text, desto tauglicher für eine Veroperung.
Deshalb lässt sich Hanslicks verzweifelter Aufschrei als spät aufklärerischer Seufzer eines an der Idee der absoluten Musik geschulten Ästheten verstehen. Aber der Kritiker hätte nur ein paar Jahre warten müssen, um zu verstehen. Denn 1886 begann, ebenfalls in Wien, Sigmund Freud seine legendäre Zusammenarbeit mit Josef Breuer, und die beiden hätten am „Boccanegra" ihre wahre Freude gehabt. Denn alles, was einer Menschenseele an Schrecken widerfahren kann, quält das Boccanegra-Personal. Schwarz bis stockdunkel wird hier gemalt, und leitmotivisch spricht der von Verdis Leiblibrettisten Francesco Maria Piave entworfene und von Arrigo Boito verschärfte Text von den Gespenstern und Geheimnissen der Seele. Alle Personen sind Getriebene, die nicht durchschauen, warum sie hier hassen, dort lieben und immer nur Unheil anrichten. Als Patienten Freuds hätten sie vielleicht eine Chance gehabt, in den eigenen Seelen Ordnung und Ruhe zu schaffen. So aber braucht es den Outlaw Boccanegra, einen Seeräuber und Obermacho, der in einer selbstzerstörerischen Tour de force - er bezahlt sie mit seinem Leben - gegen den eigenen Hass und damit über die Unversöhnlichkeit aller siegt. Zur Sonne, zur Freiheit, Brüder!
Dieser geradezu übermenschliche Akt der Selbstbefreiung aus der selbstverschuldeten Befangenheit in den eigenen zerstörerischen Gefühlen hat Verdi mit seiner radikalsten Orchestermusik versehen. Melodie und Bühne sind im „Boccanegra" nur äußerlich: Alles Wesentliche wird vom Orchester erzählt, das sich wie ein kollektives Unbewusstes gebärdet. Da geht die Partitur deutlich weiter als selbst in „Macbeth", „Othello" oder dem kruden „Stiffelio". Claudio Abbado hat den „Boccanegra" schon früh zu einem seiner Lieblingsstücke gemacht, hat ihn 1971 in München rehabilitiert, 1977 in einer Staunen erregenden Aufnahme vorgelegt und ihn nun zum Zentrum der von ihm geleiteten Salzburger Osterfestspiele gemacht. Abbado und die Berliner Philharmoniker: Hinter diesem Geniestreich verblassen im tobenden Festspielhaus sowohl Peter Steins klassizistisch schaubildhafte Regie als auch die beachtlichen Sängerleistungen.
Schon die 27 Einleitungsakte beweisen harsch ausgeleuchtetes Unterbewusstes. Abweisend der mit gegenläufigen Akzenten gespickte Klang - nie schematisch ins Metrum eingepfercht, sondern bis in die letzte Nuance agil. Verdi montiert kleinste, immer wieder abbrechende Fragmente zu einem großen und stimmigen Klangmosaik. Diese radikal in die Moderne weisende Technik macht Abbado kompromisslos hörbar. Er lässt die Partitur wie einen Vulkan explodieren. Diese Detonationen nehmen auf nichts Rücksicht, und kein Seelenschmerz kann heftiger sein. Mal klagen die Geigen vibratolos in einem verzweifelt starren Klangband, mal höhnt ein in absurde Tiefen versenkter Bläserton, mal dröhnt die Glocke apokalyptisch durchs Finale. Die Geister, die der Text beschwört, sind im Orchester allgegenwärtig, und schon wieseln die Kontrabässe in panischer Flucht davon, und es marschiert knarrend ein Bläserchoral, der nur von Angst und Unterdrückung weiß.
Offenbar ist Peter Stein von diesem bedingungslos mitreißenden Orchesterklangtheater so gebannt, dass er sich bescheiden auf große Tableaus beschränkt, aus denen die erlesen edlen Kostüme von Moidele Bickel mit farbenfroher Strahlkraft leuchten. Stein will, unterstützt von Bühnenbauer Stefan Mayer, zeigen - aber nicht erklären. Also schluchzt der in seinen Stimmkräften zurückhaltende Carlo Guelfi als Boccanegra zwar von der Leiche seiner Liebsten, kann aber seinen tiefen Schmerz weder hier noch gleich danach im Kontrast zum jubelnden Volk vermitteln. Guelfi zieht Schönklang vor und findet erst im Tod zu Gestaltung - und müsste doch in dieser Rolle süßestem Liebesgurren und Friedenssehnsucht genauso nachzeichnen wie sarkastische (Volks-)Verachtung, blinde Hassentladungen und hemmungslosen Sadismus.
Von Regisseur zu braver Beschaulichkeit verführt, tun sich die Sänger am leichtesten in den (seltenen) operntypischen Standardsituationen. In dieser Hinsicht das größte Glück hat Karita Mattila als Boccanegra-Tochter, die um die Vergangenheit klagen, den Vater finden, einen ansehnlichen Stenz (den auftrumpfend angestrengt, aber mit charakteristischem Klang singenden Roberto Alagna als Gabriele Adorno) lieben und beiden Männer vor dem Tod retten darf. Das macht Karita Mattila charmant natürlich und singt sich so in die Herzen aller. Lucio Gallo als Schuft Paolo sowie Julian Konstantinov als verknöchertes Rachemonster Fiesco dürfen dagegen nur eindrucksvoll düster sein. Denn Steins edle Bühneneinfalt hindert die Sängerspieler an expressiv ausgestellten Gefühlen, von denen sie zwar besessen sind, die sie aber dezent verschleiern (müssen). Und so bleiben dann doch nur Abbado und die Berliner als zuverlässige Informanten über die unversöhnlich gottlosen Abgründe dieses existentiellen Dramas.
REINHARD BREMBECK

 

Financial Arial Deutschland

20.April 2000

Götterbote im Orchestergraben

Die künstlerische Zukunft der Salzburger
Osterfestspiele bleibt unklar. Regisseur Peter Stein
und Dirigent Claudio Abbado werden mit der Oper "Simon
Boccanegra" gefeiert

von Dagmar Zurek

Was die Nation 1998 erregte: Claudio Abbado
verlängerte seinen Vertrag als Chef der Berliner
Philharmoniker, der 2002 auslaufen wird, nicht.
Stattdessen wollte er "mehr segeln, lesen und Ski
fahren", erzählte er. Nun hat ja keiner ernsthaft
damit gerechnet, dass ein Götterliebling wie der
Mailänder Dirigent sein Rentenalter (er wird 67)
sommers im Schrebergarten verbringt und den Rest des
Jahres wie andere Altersgenossen auf Mallorca
überwintert. Denn - ein Posten wie der in Berlin ist
eigentlich etwas Lebenslängliches, vergleichbar mit
dem des Papstes oder dem des Hüters vom Grünen Hügel
in Bayreuth.
Irritiert war die Fachwelt deshalb, als Abbado auch
noch ankündigte, sich aus dem Opernbetrieb der
diesjährigen Salzburger Sommerfestspiele auszuklinken:
Den "Tristan" und "Cosi fan tutte" will er nicht mehr
dirigieren. Bei "Cosi fan tutte" nahm er Anstoß an der
Ausstattung und für "Tristan und Isolde" mochte er das
Rotationsprinzip der Wiener Philharmoniker nicht
akzeptieren. Dort spielen in der Aufführung oft andere
Musiker als bei den Proben.
Dieser "Tristan" wurde für die letzten
Osterfestspiele erarbeitet. Damals saßen die Berliner
Philharmoniker im Orchestergraben, jenes
Elite-Orchester, das Claudio Abbado 1989 als
Nachfolger Herbert von Karajans übernahm. Wie auch die
Osterfestspiele. Sie werden ab 2003 unter der
künstlerischen Leitung des Abbado-Nachfolgers Simon
Rattle stehen.
Die diesjährigen 33. Osterfestspiele dauern noch bis
zum 24. April. Neben dem ambitionierten Jugendprogramm
"Kontrapunkte" stehen sechs hochkarätige Konzerte und
zwei Aufführungen von Verdis "Simon Boccanegra" auf
dem Programm. Am vergangenen Samstag hatte die
Polit-Oper um den Genueser Dogen Premiere. Sie
beschreibt, wie der gute Mann, in Intrigen und
Verschwörungen verstrickt, schließlich in Machtkämpfen
zwischen Patriziern und Plebejern sein Leben lässt. Am
Pult Abbado, der in Proben so Schweigsame. Er hielt
seine Berliner zu gewohnt brillantem Spiel an.
"Musikalisch grandioser kann man Oper kaum mehr
erleben", jubelte die "FAZ". Kongenial die Regie von
Peter Stein. Er huldigte dem Klassizismus, zitierte
lustvoll sich selbst und andere im Kostümfest von
Moidele Bickele.
Auch Peter Stein will vom Mortier-Salzburg nichts
mehr wissen, den Namen des Nachfolgers vom "Belgier in
Salzburg" nimmt er gar nicht erst zur Kenntnis ("Wer
ist das?", so Peter Stein in einem Interview mit dem
Fachblatt "Bühne" über den designierten Leiter ab
2002, Ruzicka).
Für Stein ist "Simon Boccanegra" nach Alban Bergs
"Wozzeck" und Arnold Schönbergs "Moses und Aaron" die
dritte Operninszenierung für Salzburg. Er kündigte an,
eng mit dem Dirigenten zusammenzuarbeiten und passte
sich "der musikalischen Dramatik an, wie sie vom
Dirigenten geführt wird". Und Claudio Abbado wird bei
den kommenden Osterfestspielen wieder eine Verdi-Oper
herausbringen: "Falstaff". Wagners "Parsifal" folgt im
Jahr 2002.
Das sind nun wahrlich keine "Nebenwerke" - deren
Bevorzugung Abbado oft vorgeworfen wird. Bei Karajan
galt das Erarbeiten kaum gespielter Opern als
"einmaliger künstlerischer Einsatz".
Herbert von Karajan gründete 1967 die Salzburger
Osterfestspiele für "seine" Berliner Philharmoniker,
da die Sommerfestspiele fest in der Hand der "Wiener"
waren. Unterstützung aus öffentlicher Hand wollte
Karajan damals nicht in Anspruch nehmen. So schuf er
das "System der Förderer": Ein Sponsoring, das 27
Jahre lang finanziell funktionierte. Als Karajan 1989
starb, besaßen die Osterfestspiele eine Reserve von 21
Mio. Schilling. Karajans künstlerischer Nachfolger
Georg Solti vermehrte das Millionenpolster noch einmal
um weitere 10 Millionen.
1994 übernahm Claudio Abbado die Leitung der
Osterfestspiele. Da hatten die Zeiten sich geändert;
eine große Zahl von Förderern war ausgestiegen (man
mutmaßte: in Richtung Baden-Baden mitsamt Eliette von
Karajan). Die Zukunft der Osterfestspiele schien
gefährdet. Inzwischen haben sich die Wogen geglättet,
jährlich verzeichnet man ca. 22 000 Besucher, und die
finanziellen Engpässe scheinen überwunden - nicht
zuletzt durch eine großzügige Finanzspritze Eliette
von Karajans und der inzwischen wieder 3000 (!)
Förderer.

Grabenkämpfe

1999 wurde den Osterfestspielen nach "jahrelangen
Grabenkämpfen" (Homepage des Landes Salzburg) eine
neue organisatorische Struktur gegeben: Diese enthält
einen Kooperationsvertrag mit den Salzburger
Sommerfestspielen und eine neue Zusammensetzung des
Kuratoriums, in dem neben Förderern und der Familie
Karajan nun doch die öffentliche Hand präsent ist: Das
Land und die Stadt Salzburg sind mit je einer Million
Schilling für das Jugendprogramm "Kontrapunkte" der
Osterfestspiele vertreten. Die "Kontrapunkte" wurden
1994 von Claudio Abbado ins Leben gerufen, dessen
großes Engagement für den Nachwuchs nicht nur durch
die Gründung des jungen Chamber Orchestra of Europe
und des internationalen Gustav-Mahler-Jugendorchesters
dokumentiert ist.
In "Kontrapunkte" spielen Mitglieder der Berliner
Philharmoniker in vier Konzerten Zeitgenössisches. Es
werden Kompositionsaufträge erteilt, die ein "enges
Netz zwischen der aktuellen Komponistenszene und den
Musikern" knüpfen sollen. Damit einher geht ein
Kompositionspreis in Höhe von 150 000 Schillingen, der
in diesem Jahr dem 1971 in Marl geborenen Matthias
Pintscher zugesprochen wurde.

Fliegende Anne-Sophie Mutter

Im Dezember letzten Jahres hob Abbado mit den Berliner
Philharmonikern das Auftragswerk "Hérodiade-Fragmente"
von Pintscher aus der Taufe. Am Freitag wird
Pintschers "a twilight's song" nach einem Gedicht von
Cummings im Preisträgerkonzert erklingen.
Überhaupt sind es die "großen Vaterfiguren" (von
Simon Boccanegra mal abgesehen) - ein von Verdi
bevorzugter Operncharakter, wie es auch die "Väter"
Germont und Rigoletto sind -, die dieses Festspiel
nicht unwesentlich prägen: Karajan entdeckte die
damals 13-jährige Anne-Sophie Mutter für seine
Osterfestspiele; Kurt Masur sorgte in New York
gemeinsam mit ihr für musikalische Sternstunden. "Let
her fly", riet er seinerzeit seinen Philharmonikern,
die Mutter bei Tschaikowsky begleiteten. Und nur mit
Masur, so die Geigerin in Bremen bei einem Interview
während des Bremer Musikfestes, könne sie "fliegen"
wie damals mit Karajan.
Anne-Sophie Mutter wird am kommenden Sonntag in
Salzburg mit dem Gustav-Mahler-Jugendorchester unter
Seiji Ozawa Beethoven spielen, während Kurt Masur
Freitagabend Mahler mit den Berliner Philharmonikern
aufführt. Am Samstag präsentiert das Orchester unter
Abbado geistliche Werke von Mozart, u.a. die
c-Moll-Messe (mit den Solisten Christine Schäfer und
Andreas Schmidt). Am Sonntag leitet Roger Norrington
die Philharmoniker u.a. bei Berlioz' "Symphonie
fantastique".
Übrigens hatte man beim Salzburger Osterfestival die
Chance, den unverwechselbaren Klang der Philharmoniker
kostenfrei zu hören: Jazz-Session im Stadtkinosaal von
Salzburg - "The Berlin Philharmonic Jazz Group", hier
in deutlich reduzierter Besetzung von fünf Musikern.
Wirklich gratis!

c-Moll Messe Konzert:

 

Neue Kronen Zeitung / 19.April 2000

Aller Wucht beraubt
[ 2000-04-19,Sbg,KULTUR ]

Osterfestspiele Salzburg: Claudio Abbado

Der Applaus des an sich nicht jubelgeizigen Publikums der Salzburger Osterfestspiele blieb unterkühlt bis an die Grenze zur Unhöflichkeit: Claudio Abbado hinterließ mit den Berliner Philharmonikern und Mozarts c-Moll- Messe (in der Rekonstruktion und Ergänzung von Helmut Eder) keinen wirklich nachhaltig berührenden Eindruck.

Der Grund dafür liegt wohl in Claudio Abbados prinzipieller Interpretationshaltung der c-Moll-Messe (KV 427) gegenüber: Er vermeidet Pracht und Prunk der Bilder und verweigert weitgehend Leidenschaft und Feuer.

Und er setzt nicht auf die gewaltige und anrührende Wirkung der Monumentaltität, sondern ist durchwegs bestrebt, die feingliedrigen Strukturen und Verästelungen zu modellieren und hervorzuheben.

Claudio Abbados Wunsch nach filigraner, aller Wucht beraubten Größe wird zudem getragen von einem trockenen, unspektakulären Farbauftrag. Sehnsucht, Hoffnung und Herrlichkeit bleiben in ihrer Anspruchskraft eher verhalten und bescheiden. Adäquate Unterstützung kam von den Solisten: Christine Schäfer (mit stolz gezeigtem Baby-Bäuchlein), Stella Doufexis, Rainer Trost und Andreas Schmidt. HL

 

 


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