DER BUND 13. August Richard Strauss Richard Wagner
18 &19. August
Lucerne Festival orchestra
23. August L.v. Beethoven CLAUDIO ABBADO
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© Der Bund; 21.08.2004; Seite 14 Kultur Der Bund Meisterliches Gestalten Triumph für Abbado, Pollini und das Lucerne Festival Orchestra Noch einmal war das grossartige, von lauter ersten Kräften gebildete Lucerne Festival Orchestra zu bewundern: ein Ensemble von unwiderstehlicher Qualität, von mitreissender Einsatzfreude und von geradezu phänomenaler Verbundenheit mit seinem Gründer und Leiter Claudio Abbado. Was im Verlauf der Wiedergabe von Mahlers 5. Sinfonie etwa der Solohornist und der Solotrompeter leisteten, gehörte zum Erstaunlichsten, was an instrumentaler Vollkommenheit gegenwärtig erlebt werden kann. Pollinis Beethoven-Deutung Maurizio Pollini setzte sich, von Abbado und dem Orchester einfühlsam und spieltechnisch makellos begleitet, mit Beethovens 4. Klavierkonzert in G-Dur auseinander. Er lieh dem Solopart sein reifes, handwerklich untadeliges Können und seine mehr vom Intellekt als vom Gefühl her bestimmte Interpretationsart. Dabei ergab sich ein in sich geschlossener, höchst eindrücklicher und konsequenter Nachvollzug - eine Beethoven-Vision voller Kraft, Geist und überlegener Dramatik. Kein Wunder, dass das Publikum im restlos ausverkauften Nouvel-Saal mit begeisterten Ovationen für den Kunstgenuss dankte. Abbados Annäherung an Mahler Nach der Pause warf sich Claudio Abbado in das Abenteuer einer inspirierten Wiedergabe der 5. Sinfonie von Gustav Mahler. Er tat dies mit aller ihm eigenen, verzehrenden Intensität, mit bewundernswerter Kraftentfaltung und einer oft an Raserei grenzenden Wildheit. Dabei unterstützte ihn sein Orchester so grandios, dass zwischen den dirigentischen Intentionen und der instrumentalen Verwirklichung nicht die geringste Differenz entstand: Abbado und seine getreuen Helfer bildeten auf geradezu magische Weise eine restlos geschlossene Einheit, die denn auch das Auditorium zu minutenlangen Beifallsstürmen herausforderte. Abbados Mahler-Bild entfernt sich allerdings stark von den Erlebnissen, die vor nicht allzu langer Zeit von Interpreten wie Leonard Bernstein, Paul Klecki oder Bruno Walter zu erfahren waren, die sich mit Mahlers Botschaft - seiner Verzweiflung, seiner bissigen Ironie, seiner Todessehnsucht und seiner Lebensgier - persönlich identifizierten. Abbado wahrt (auf höchster gestalterischer Ebene) Distanz und führt analytisch genau Mahlers Klangkosmos vor, ohne sich selbst den Leiden und den Leidenschaften des Komponisten direkt auszusetzen. Offenbar ist das die zeitgemässe Auseinandersetzung mit Mahler - und Abbado gelingt es, diese seine Version der Spätromantik perfekt in aktuellen Klang umzusetzen. (-tt-)
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