ABBADO UND DIE PRESSE

BADISCHE ZEITUNG
16.August 2003


14. August
19.30 Uhr

Wagner: Die Walküre
Wotan'Abschied und Schlussszene
Debussy:  Le Martyre de Saint Sébastien, suite
Debussy: La Mer,
trois esquisses symphoniques

Bryn Terfel
Rachel Harnisch
Eteri Gvazava

Schweizer Kammerchor
Lucerne Festival Orchestra

CLAUDIO ABBADO



























































































 


herum...

Geist der Kammermusik

Abbado und das neue Festival Orchestra eröffnen das Lucerne Festival mit Wagner und Debussy

"Die wirklichen Ideen kommen, wenn der Komponist seinen Geist auf eine spezielle Aufgabe einstellt". Der Satz des Komponisten Ernst Krenek gilt im übertragenen Sinn wohl ebenso für den Interpreten. Spitzenmusiker und Spitzenorchester gibt es zuhauf - inspiriert werden sie erst von der Aufgabe: einer Aufgabe etwa, wie sie sich das Lucerne Festival Orchestra zur Eröffnung des renommierten Musikfestivals am Vierwaldstätter See gestellt hat.

Da ist das legendäre Vorbild eines schweizerischen Festspielorchesters, das Arturo Toscanini 1938 ins Leben gerufen hatte. Da ist Claudio Abbado als dem Festival verbundener elder conductor, der sich für eine Festivalorchester-Neugründung stark machte. Und da sind all die Künstler - ein Who is Who von Spitzenmusikern der Orchester- und Solistenlandschaft: Kolja Blacher als Konzertmeister; Wolfram Christ, Professor an der Freiburger Musikhochschule und ehedem Stimmführer der Bratschen bei den Berliner Philharmonikern; die Streicher-Brüder Renaud und Gautier Capuçon; das Hagen-Quartett; der Flötist Emmanuel Pahud; die Klarinettistin Sabine Meyer, der Oboist Albrecht Mayer und, und, und . . .

Dass viele Stars indes wirklich zu einem Starensemble zusammenwachsen, ist noch lange keine Selbstverständlichkeit. Doch für die Inspiration sorgt die spezielle Aufgabe - und Claudio Abbado. Für seine Idee, das Orchestrale aus dem Geist der Kammermusik heraus zu formen, hat sich der stille Maestro die richtigen Weggefährten erwählt. Wer nun allerdings beim ersten Stück des "Concert de Gala" im Festspielhaus Luzern, "Wotans Abschied und Feuerzauber" aus der "Walküre", ein orchestrales Bad erwartet hatte, dürfte vom kammermusikalischen Gestus eines filigranen, mitunter vielleicht zu detailverliebten Musizierens verwirrt worden sein.


Zwischen "Kunstreligion" und "Décadence"

Doch Abbado hat in den vergangenen Jahren wiederholt gezeigt, welch grandioser, weil so unglaublich inniger Wagner-Dirigent an ihm verloren gegangen ist, und wie sehr die Musik des Bayreuther - und Luzerner - Meisters am intimen Geist des Tribschener "Siegfried"-Idylls zu messen ist. So klingt auch das Finale von Wagners wohl subtilstem Seelendrama. Und so innig, weich und jenseits jeglichen unnötigen Forcierens, leider nur in der Tiefe etwas blass, singt Bryn Terfel diesen Abschied des Gottes: als eine menschliche Tragödie. Dass Abbado Klangsensibilität entwickelt, ohne die Tempi zu zerdehnen - ganz im Gegenteil! -, beweist das Format dieses Dirigenten als Wagner-Exegeten.

Der Schritt von Wagner zu Debussy ist kein großer, aber es vollzieht sich in ihm eine Menge an geistig-ideologischer Veränderung - von der "Kunstreligion" zur "Décadence". Abbado zeigt das gerade mit Debussys (viel gescholtenem) Spätwerk "Le Martyre de Saint Sébastien" zu Texten von Gabriele D'Annunzio, das er zur fünfteiligen Suite für das Konzert eingerichtet hat. Diesen Debussy, der zeitweise schon wie Honegger klingt, und dennoch so nah an Wagners "Parsifal" ist, verstehen Abbado und das Orchester als klangliches Mysterium, das zu ergründen nicht vordergründig Aufgabe ist. Geradezu überirdisch klar klingt dazu der Sopran von Rachel Harnisch (übrigens auch eine Absolventin der Freiburger Musikhochschule). Das Gesamtkunstwerk als klingendes Opus metaphysicum: Diese Tendenz wohnt auch der ganz und gar anrührenden Interpretation von Debussys Meisterwerk "La mer" inne. Bei Abbado gibt es keine Oberflächlichkeiten in dieser populären Tondichtung, er sucht und findet die Zerbrechlichkeit ihrer Bilder. Pathos? Fehlanzeige. Die Ekstase kommt wirklich erst in der Schlusscoda, so hinreißend vorbereitet und aufwühlend, dass man sich von diesem Meisterwerk innerlich angegriffen wie selten fühlt. Derlei musikalische Grenzerfahrungen erlebt man selbst bei Spitzenklangkörpern nicht alle Tage: wohl das gewichtigste Argument, das für dieses neue Orchester spricht. Und für eine - hoffentlich - noch lange Partnerschaft mit Claudio Abbado. Ovationen.

Alexander Dick


Andere Zeitungen

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Filmreihe
«Claudio Abbado»
15. - 19. August 2003


Im Rahmen der Kulturpartnerschaft LUCERNE FESTIVAL-ARTE werden im Rahmen von SOMMER 2003 und anlässlich des 70. Geburtstages von Claudio Abbado vier Filme über und mit dem Chef des LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA gezeigt.

Zwei der Filme (17. und 19.8.) werden in Luzern exklusiv als Avant-Première vor der Erstausstrahlung im Kulturkanal ARTE präsentiert.

Freier Eintritt

Freitag, 15. August, 22.00 Uhr
Kleiner Saal

Abbado Nono Pollini: Eine Kielspur im Meer

Ein Film von Bettina Erhardt und Wolfgang Schreiber

(BCE Film, 2000, 60')


Samstag, 16. August, 21.00 Uhr
Kleiner Saal

Europakonzert vom 1. Mai 2002 im Teatro Massimo, Palermo

Berliner Philharmoniker, Claudio Abbado, Gil Shaham, Violine

Werke von Beethoven, Brahms, Dvorak, Verdi

TV-Regie: Bob Coles; Produzent: Paul Smaczny

(NHK/VIDEAL/brilliant media)


Sonntag, 17. August, 21.00 Uhr Kleiner Saal

Claudio Abbado dirigiert Schubert I (2002)

Konzert zum 21. Jubiläum des Chamber Orchestra of Europe in der Cité de la musique Paris am 25.5.2002

Anne Sofie von Otter, COE, Claudio Abbado

TV-Regie: Andy Sommer

(ARTE France/Bel Air Media)

(40')


Dienstag, 19. August, 18.00 Uhr, Kleiner Saal

Claudio Abbado dirigiert Schubert II (2002)

Konzert zum 21. Jubiläum des Chamber Orchestra of Europe in der Cité de la musique Paris am 28.5.2002

Thomas Quasthof, COE, Claudio Abbado

TV-Regie: Andy Sommer
(ARTE France/Bel Air Media)
(40')




Letzte update

05/08/2003 News von Luzern
04/08/2003 Radio TV
14/07/2003 Editoriale
14/07/2003 Lettere di auguri a Claudio per il suo compleanno
14/07/2003 Classica TV (Ital) Juli -August

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