ABBADO IN
BADEN-BADEN

DER STANDARD


17.05.2005



























































































 


Familientreffen im Musiktheater-Schlafwagen

Mozarts "Zauberflöte" bei den Festspielen in Baden-Baden: Dirigent Claudio Abbado widmete sich erstmals diesem Werk, leider...

...ließ er seinen Sohn Daniele Abbado inszenieren.

Kooperationen werden zusehends zu Herzschrittmachern von Festivals. So viele wie die Wiener Festwochen, für die Europas Kooperationskönig Stéphane Lissner programmiert, haben zwar nur wenige. Aber auch die auf ihre Exklusivität stolzen Salzburger Festspiele kommen ohne Partnerschaftsprojekte nicht aus - die Atomisierung der Eigenständigkeit und die Verwässerung des Eigenprofils sind in Zeiten real sinkender Budgets der Trend. Womöglich wird es dereinst in Europa ja nur noch ein Festival unter verschiedenen Namen geben - bestückt von einem Musiktheater-Wanderzirkus.

Auch die Festspiele von Baden-Baden können sich der Entwicklung nicht entziehen. Aber heuer hatte man Glück, jemanden zu erwischen, der sich dem Betrieb nicht mehr ausliefert. Dirigent Claudio Abbado hat nach seiner schweren Krebserkrankung den Job bei den Berliner Philharmonikern nicht mehr verlängert und macht nur noch das, was Spaß macht. Wozu auch gehört, um Österreich einen Bogen zu machen. In Luzern hat er ein Orchester gegründet. Ansonsten aber seine Aktivitäten reduziert.

Wer ihn "bekommt", kann also eine gewisse Aufmerksamkeit generieren. Exklusivität verzeichnen. Baden-Baden hat hier gut aufgepasst, seinen Blick auf die Ränder der Opernwelt gerichtet. Nach Reggio Emilia also, wo Daniele Abbado, der Sohn des Dirigenten, Intendant ist. Dort nahm sich der Papa erstmals Mozarts Zauberflöte vor, und Baden-Baden schloss sich dem Projekt an. Auch eine Kooperation. Aber sie macht den mittlerweile "unsichtbaren" Abbado immerhin sichtbarer.

Auch dem Sohn ist dafür zu danken. Der Preis, den man als Zeuge zu zahlen hat, ist allerdings, Danieles Inszenierung erleiden zu müssen. Wobei "Inszenierung" eine Übertreibung ist. Der Sohn hat das Geschehen trostlos arrangiert, von einer Deutung kann nicht die Rede sein.

Mitunter hatte man das Gefühl, die Figuren könnten im Stehen eingeschlafen sein - klar, dass dies bei den Sprechteilen zu erheblichen Bremseffekten führte. Was an Bühnenaktion sichtbar wurde, lebte denn auch von den alleingelassenen Schauspieltalenten der Protagonisten. Soweit eben vorhanden, wie bei Markus Werba (als Papageno).

Das bisschen an Ideen, das vorhanden ist, leuchtete vor allem im Optischen (Bühnenbild: Graziano Gregori) auf. Doch hat auch das nur bedingt Substanz: Tamino (delikat Christoph Strehl) und Pamina (tadellos lyrisch Rachel Harnisch) beobachten selbst, wie sie als kleine Puppen Prüfungen bestehen. Monostatos (profund Kurt Azesberger) lebt in einem Löwenkopf, der wirkt, als hätte man ihn vom Wiener Wurstelprater geliehen. Und die Priestergesellschaft sitzt auf einer Schräge und weckt Assoziationen an lustige Sandalenfilme.

Sehr oft ist die Bühne nahezu leer, was bei entsprechender Lichtgestaltung Atmosphäre gebracht hätte - doch leider. Dafür dürfen die drei Damen reichlich Kleider wechseln, während die Königin der Nacht (koloratursicher, aber klanglich schroff: Erika Miklosa) in einer Kugel erscheint. Macht Wirkung. Dennoch ist man öfters versucht, das Glück bei geschlossenen Augen zu suchen.

Schließlich hat Claudio Abbado mit dem Mahler Chamber Orchestra einen grazilen, durchsichtigen Klang gewählt, der die Musik so leicht macht, als wollte man Mozart übers Wasser gehen lassen. Es geht allerdings nicht um harmlosen Schönklang. Jedes Detail, jeder Akkord wird ernst genommen, man kommuniziert lebhaft mit der leider leblosen Bühne.

Abbados Kammermusikideal ist hier orchestrale Wirklichkeit geworden; und die punktuelle Herbheit der Bläser zeugt davon, dass auch die Originalklangbewegung am Maestro nicht spurlos vorbeigegangen ist. "Der schönste Applaus ist die Stille nach dem Verklingen des Werkes", hat Abbado einmal gesagt. Sie hat sich nicht eingestellt. Doch kein Grund, ins Grübeln zu geraten. (DER STANDARD, Printausgabe, 17.05.2005)







Andere Zeitungen

Neue Zürcher Zeitung(CH)
Der Tagesspiegel (D)
Die Zeit (D)
The Guardian (UK)
Der Standard (A)


Aktualisierung

18/06/2005 Zauberflöte: Die Zeit
18/06/2005 Zauberflöte: Der Standard
18/06/2005 Zauberflöte: NZZ
26/04/2005 Zauberflöte: Tagesspiegel
26/04/2005 Radio TV
07/04/2005 Classica
Mai 2005
14/02/2005 Venezuela 2 (Kritik Konzert 13. Februar)
14/01/2005 Venezuela 1 (Avant-premiere Konzert 13.Februar)
26/01/2005 Granma Diario (Kuba)
26/01/2005 Wanderer Kuba
26/01/2005 Programm 2005 von Claudio Abbado aktualisiert
26/01/2005 ClaNewsudaus Venezuela (4): Erstes Konzert von OJL 
18/01/2005 News aus Venezuela (3)
17/01/2005 News aus Venezuela (2)
16/01/2005 News aus Venezuela
14/01/2005 Cuba
14/01/2005 Radio TV
06/01/2005 Cuba Wanderer
06/01/2005 Cuba Galerie
06/01/2005 Infobox
12/12/2004 Mahler IX DVD
23/11/2004

Programm Luzern 2005


16/11/2004 Andere Fotos (Bologna & Orchestra Mozart)
15/11/2004 Infobox
14/11/2004 Neue Fotos (Bologna & MCO)
14/11/2004 CD Mahler Debussy
Kritik -  Der Standard (Wien)
13/11/2004 Sueddeutsche Zeitung
13/11/2004 Die Welt
15/10/2004 Galerie Luzern 2004: Claudio Abbado
15/10/2004 Galerie Luzern 2004: Mitglieder
15/10/2004 The Guardian, 15 october 2004
15/10/2004 Editorial
15/10/2004 Saison 2004-2005
15/10/2004 Mozart Orchester
08/10/2004 Infobox
19/09/2004

Musicweb (CD Mahler Debussy)

19/09/2004 Wanderer 14: Lucerne 2004 (Beethoven and Mahler V )
11/09/2004

Musicweb (seen and heard)

09/09/2004 Luzern 2004: Mitglieder's Fotos
09/09/2004 Wanderer 13: Lucerne 2004 (Strauss and Wagner )
04/09/2004 Neue CD
04/09/2004 Neue DVD
26/08/2004 Lucerne 2004: New York Times
26/08/2004 Lucerne 2004: El Pais (Mahler)
26/08/2004 Lucerne 2004:  El Pais (Tristan)
26/08/2004 next saison 2004-2005: Update n.3
26/08/2004 next saison 2004-2005: Update n.2
22/08/2004 Infobox
22/08/2004 Lucerne 2004: Articles
06/07/2004 Neue Schallplatten
29/06/2004 Wanderer 8: Berlin Juni 2004
27/06/2004 Claudio's Geburtstag: The party des CAI in Mailand
14/06/2004 CAI Fotogalerie Mitgleiie 2004

Der Wanderer

Sich erinnern


Schreiben Sie uns

e-Mail