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Claudio Abbado in Wien /a Vienna

Wien: erste Kritiken

Vienna: prime critiche

Der Standard, 19.feb.


Abbados wahrhaftiger Beethoven-Kosmos

Die "Berliner" und "Wiener" im Musikverein


Von
Wolfgang Schaufler

Wien - Über Claudio Abbado sagt man gern, er hätte zwei Muttersprachen: Italienisch - und die der Musik. Solche Etikettierungen bergen natürlich immer die Gefahr einer Verengung des Blickwinkels. Rossini, Verdi und auch Nono (der ja viel italienischer ist, als viele glauben) traute man Abbado immer zu. Bei der genuin deutschen Literatur tauchten mitunter Zweifel an der "Tiefe" der Lesart auf, was insofern schwer verständlich war, als Abbado immer stärker den Phrasierungen eines Wilhelm Furtwängler zugetan war als den doch eher schematischen Ideen Arturo Toscaninis.
Nun hat der gebürtige Mailänder, der niemandem mehr etwas beweisen muss, mit den Berliner Philharmonikern einen Beethoven-Zyklus erarbeitet, basierend auf der kritischen Textausgabe von Jonathan Del Mar, in dem er so gut wie jeden Takt einer strengen Prüfung unterzog, zum Quellenstudium gar in die Berliner Staatsbibliothek pilgerte. Beethoven ist Abbado also verdammt ernst.
Kristallener Ton
Das heißt aber auch, dass er ihn da leicht nimmt, wo er selbst fast übermütig unbeschwert komponierte. Im Musikverein war zum Auftakt einer Abbado-Beethoven-Woche der schwere "Brahms-Klang" der Berliner in der Symphonie Nr. 1, C-Dur herrlich aufgefächert, die heikle Balance zwischen den Streichern und Bläsern nie in Gefahr, der Konversationston erfrischend unmittelbar im Gestus. Im farblich sorgsam abgestimmten Menuett-Trio machten die Bläser zudem deutlich, von welchem Rang dieses Orchester ist.
Es war dies eine gute Einstimmung auf Martha Argerich: musizieren als existenzieller Akt. Auf das Klavierkonzert Nr. 2, B-Dur stürzte sie sich mit kristallenem Ton, verfügte dabei über die Ruhe und Zartheit, den langsamen Satz mit großem Atem erblühen zu lassen, aber auch die Pranke, die von Beethoven später hinzugefügte Kadenz mit wildem Furor herauszudonnern. Dabei beherrscht sie die Geister, die sie ruft, jederzeit souverän. Klavier-Spiel im Wortsinn. Gewaltig, der Musik gegenüber aber in keiner Note gewalttätig.
Tragisches Gewicht
Es entsprach der Dramaturgie des Abends, dass hernach die Symphonie Nr. 3, Es-Dur ("Eroica") nicht reliefartig zerklüftet, sondern wie ein großer, breiter Strom erklang. Dieser Monumentalität aber fehlte jedes Pathos. Das machte sie packend und ergreifend. Den Trauermarsch rückte Abbado in die Nähe einer dramatischen Szene, jedoch ohne falsche Sentimentalität. Fast jede Note hatte tragisches Gewicht, zumal im Fugato.
Vor diesem Hintergrund verpufft auch der Einwand, dass die Streicher im letzten Satz an Noblesse durchaus Reserven zu haben scheinen.
Denn um den trügerischen Schein, die edle Luxusversion geht es Abbado nicht. Er trug Beethoven vor als Beispiel wahrhaftiger, ungebrochener Lebenshaltung - und so trug Beethoven auch Abbado.
Schon der Samstagnachmittag brachte im Musikverein Außerordentliches. Pierre Boulez, mit dem die Wiener Philharmoniker demnächst nach New York reisen, zeigte präzis und zwingend, wie vielgestaltig Béla Bartók (Vier Stücke für Orchester, op. 12), Anton von Webern (Sechs Stücke für Orchester, op. 6), Claude Debussy (Jeux, Poème dansé) und Igor Strawinsky (Symphonie in drei Sätzen) dem letzten Jahrhundert klanglich Gestalt gaben. Das Programm und endlich auch der Dirigent, dem das Orchester bravourös folgte, wurden vom Abonnementpublikum bejubelt. Auch hier gilt: Es ist nie zu spät.
Kurier 19. Feb.

Das Aufregendste zuerst
Abbado und die Argerich mit Beethoven

Es ließe sich über den Beginn eines sensationellen Zyklus im Musikverein berichten: Claudio Abbado ist mit dem Berliner Philharmonischen Orchester im Musikverein und präsentiert Beethovens neun Symphonien und alle Konzert für Klavier und Orchester.

Es lässt sich aber nicht über einen sensationellen Zyklus berichten, sondern über ein Konzert, das ich nie vergessen werde: Der von einer schweren Krankheit gezeichnete Dirigent, den wir alle seit seiner Jugend kennen, hat mit Beethovens erster Symphonie nachgewiesen, was ein ?Allegro molto e vivace? ist und nach der Pause eine fulminante Wiedergabe der ?Eroica? provoziert – auch diese in sehr zügigen, quasi ungeduldigen Tempi, zugleich aber mit einer Innigkeit und Ernsthaftigkeit, die ans Herz ging. Da wurde nicht eine neue Gesamteinspielung beworben, sondern wieder einmal nachgewiesen, dass Beethoven erstens wahrlich ein ?Titan? ist und zweitens nicht den Ensembles mit originalen Instrumenten überlassen werden darf. Er gehört authentisch auch den Philharmonikern, allen Philharmonikern.

Im Mittelpunkt aber hörte man was unendlich Kostbares, weil Seltenes. Die große Martha Argerich kam auf das Podium und spielte das Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 B-Dur.

Es gibt noch eine andere Möglichkeit, dieses Konzert zu spielen – aber keine, die so männlich, so kraftvoll, so heiter zugleich zu spielen und auch in den Passagen, die nicht mehr schneller gedacht werden können, die ?Treffsicherheit? eines Virtuosen vorzuführen – ganz ohne virtuose Allüre, versteht sich.

Die besondere Begegnung, das Zusammenspiel, ein kaum definier bares Gefühl von Angst um den Dirigenten – all das machte das Konzert zu einem unvergesslichen. Und bejubelten.