WANDERER'S 
ERZÄHLUNGEN Nr.4

 Die Geburt eines Orchesters


14. August
19.30 Uhr

Wagner: Die Walküre
Wotan'Abschied und Schlussszene
Debussy:  Le Martyre de Saint Sébastien, suite
Debussy: La Mer,
trois esquisses symphoniques

Bryn Terfel
Rachel Harnisch
Eteri Gvazava

Schweizer Kammerchor
Lucerne Festival Orchestra

CLAUDIO ABBADO


17. August
18.30 Uhr

Bach
Brandeburgische Konzerte Nr1 - 6 BWW 1046-1051

Mitglieder des
Lucerne Festival orchestra

CLAUDIO ABBADO


19 & 20 August
19.30 Uhr

Mahler
Sinfonie
Nr.2
"Auferstehung"

Eteri Gvazava
Anna Larsson

Orfeón Donostiarra
Lucerne Festival Orchestra

CLAUDIO ABBADO


























































































 


herum...


Claudio Abbado und seine Freunde

Die Geburt eines Orchesters


Das jüngste all jener Orchester, die von Claudio Abbado ins Leben gerufen wurden, erhielt am 14. August 2003 in Luzern seine Feuertaufe. Dieses Orchester ist die logische Schlußfolgerung des künstlerischen Weges, den Claudio Abbado bisher gegangen ist.

Zusammengesetzt im Kern aus dem Mahler Chamber Orchestra (das wiederum aus dem Gustav-Mahler-Jugendorchester hervorgegangen ist) sowie Musikern aus den besten europäischen Orchestern (Berliner Philharmoniker, Wiener Philharmoniker) und bekannten, international anerkannten Solisten (Natalia Gutman, Hagen Quartett, Bläserensemble Sabine Meyer) sowie vielversprechenden jungen Solisten (Gautier und Renaud Capuçon) und Studenten.

Dieses auf den ersten Blick sehr heterogen erscheinende Ensemble hat jedoch einen Punkt gemeinsam: den Wunsch, zusammen mit Claudio Abbado Musik zu machen.
Dieses Orchester besteht aus jungen Profi-Musikern, die von bekannten Solisten und Stimmführern, z.B. Georg Faust (Cello, Berliner Philharmoniker), Emmanuel Pahud (Flöte, Berliner Philharmoniker), Kolja Blacher (heute Solist, ehemals 1. Konzertmeister der Berliner Philharmoniker), Rainer Kußmaul (ehemals 1. Konzertmeister der Berliner Philharmoniker) angeführt werden. Eine unübertreffliche Phalanx!
In ihrer Mitte: Claudio Abbado, strahlend, ausgeruht und voller Begeisterung wie selten.
Das Prinzip dieses Zyklus ist einfach: die Musiker kommen für 3 Wochen in Luzern zusammen (2 Wochen Proben, 1 Woche Konzerte) und bringen Musik in unterschiedlichsten Variationen zur Aufführung. Symphonische Werke (3 Konzerte), Kammermusik in Orchesterformation, aber auch Quintette, Quartette. Die bekannten Solisten und bestehenden Kammerformationen (z.B. das Hagen Quartett) gehen im Orchester auf und spielen Konzerte an unterschiedlichen Schauplätzen, u.a. auch mit weiteren Solisten wie beispielsweise Radu Lupu.
Das Lucerne Festival wurde 1938 von Arturo Toscanini als Gegenbewegung zu den Salzburger Festspielen, die damals bereits fest in der Hand der Nationalsozialisten waren, gegründet. Das Festival widmet sich hauptsächlich der Aufführung von Instrumentalmusik, Opern gibt es nur in konzertanter Form. Die Konzerte finden zum Großteil in Jean Nouvels Meisterwerk, dem Kultur- und Kongreßzentrum Luzern (KKL) statt. Das Festival bietet den wichtigsten Orchestern der Welt sowie Solisten die Möglichkeit, sich zu präsentieren und man trifft auf Namen wie Berliner Philharmoniker, Pittsburgh Symphony Orchestra, Wiener Philharmoniker, Münchner Philharmoniker, Concertgebouw Orchester, ..... .

Seit seinen Anfängen und bis ins Jahr 1993 hatte das Lucerne Festival eine eigene Phalanx: das Schweizerische Festspielorchester. Das Lucerne Festival Orchestra läßt diese Tradition nun wieder aufleben.
Die symphonische Woche des Lucerne Festival Orchestra ist hauptsächlich der Musik des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts gewidmet (Wagner, Debussy, Mahler). In dieser Programmwahl widerspiegeln sich die musikalischen Vorlieben Claudio Abbados.
Das Galakonzert anläßlich der Eröffnung des Festivals bot ein Programm, das Wagner Debussy gegenübergestellte. Der erste Teil eher sehr kurz mit Wotans Abschiedsszene aus ‚Die Walküre’, der zweite Teil eher lang mit den Werken: Suite aus ‚Le Martyr de Saint Sébastien’ und ‚La Mer’ von Claude Debussy. Die Abschiedsszene aus ‚Die Walküre’ wurde bereits im November 2000 in konzertanter Form in Berlin mit Bryn Terfel aufgeführt (kürzlich auf CD erschienen). Bei ‚Le Martyr de Saint Sébastien’ handelt es sich um ein Oratorium, das auf einer Erzählung Gabriel d’Annunzios basiert, aber eher selten zur Aufführung gebracht wird. Unseres Wissens war es auch für Claudio Abbado das erste Mal, daß er dieses Werk aufführte. Zum Abschluß, wie bereits erwähnt, ’La Mer’, seit kurzem ein von Abbado immer wieder gern ins Programm genommenes Werk.

Die Abschiedsszene aus ‚Die Walküre’ läßt erahnen, wie ein kompletter Ring unter der Leitung von Claudio Abbado klingen würde. Alle Musikliebhaber träumen davon. An erster Stelle wird dem Text der Vorrang gegeben. Bryn Terfel, der über eine kristallklare Diktion verfügt und somit ein idealer Wotan ist, versteht es, den Text mit einem menschlichen Antlitz zu vermitteln, obwohl die Stimme diesmal etwas matt erschien, weniger aufregend als von anderen Aufführungen her gewohnt. Das Orchester hingegen brillierte an diesem Abend: man hätte Probleme bzgl. der Homogenität befürchten können, aber diese Furcht blieb vollkommen unbegründet. Persönliches Engagement, Enthusiasmus und gegenseitiges Zuhören standen an erster Stelle. Abbado weigerte sich, diese Partitur von der spektakulären Seite anzugehen, er gestaltete das Ganze als inneren Monolog. Das Orchester gab sich einem rauschenden Klang hin ohne jedoch lärmend zu wirken. Die Harfe erhielt den Vorrang gegenüber den Blechbläsern, alles erschien luftig und leicht.

Brünnhildes Entschlafen bot den perfekten Moment, die Grenze zwischen Ton und Stille auszuloten sowie die unglaubliche Geschmeidigkeit des Orchesters zu testen. Feuerzauber und Schlußszene wurden zu einer außergewöhnlichen musikalischen Umsetzung eines impressionistischen Bildes, wobei sich der Klang aus Tausenden kleiner orchestraler Pinselstriche zusammensetzte, die zwar ineinander verschmolzen, aber deren individuellen Züge und Farben man sehr wohl im Einzelnen wahrnehmen konnte. Diese detaillierte Nachvollziehbarkeit von Einzelheiten schadete in keiner Weise dem Gesamteindruck, ganz im Gegenteil: sie verstärkte die Poesie des Augenblicks. Die Eindrücklichkeit dieser bildlichen Vision stellte dann auch eine Verbindung zu Debussy dar, den wir später hören konnten. Am Ende dann die altgewohnte Stille, eben die „Stille nach der Musik“, die Abbado so wichtig ist und einen Beweis dafür liefert, wie sehr das Publikum den Intentionen des Dirigenten zu folgen vermochte. Ein großer Moment.

Anschließend gab es ‚Le Martyr de Saint Sébastien’, ein Oratorium, das auf einem Text Gabriele d’Annunzios basiert. Das Werk wird in der Regel eher selten aufgeführt. In einem Saal, der mit seiner Form und Höhe an das innere einer Kathedrale oder einer Musikkirche (z.B. die Chiesa de la Pieta in Venedig) erinnert, findet ein Chorwerk mit einem religiösen Bezug wie ‚Le Martyr’ sofort seinen Platz.

Claudio Abbado versucht seit einigen Jahren immer wieder musikalische Eindrücke mittels visueller Effekte zu verstärken (vor allem das Dunkel am Ende einer Aufführung). Diesmal schaffte er mit Hilfe verschiedenartiger direkter und indirekter Beleuchtungen besondere Effekte, klare und verschwommene. Hierzu diente auch die Aufstellung von Orchester und Solisten auf verschiedenen Bühnenniveauebenen (Podium und Orgelempore), auf der Orgel dann eine der Solistinnen und das Englischhorn. Eine Ambiance, die versuchte, die Atmosphäre einer heiligen Handlung mittels verschiedener Beleuchtungen zu vermitteln. Auch der Chor trug zu einer Minimalvariante einer Inszenierung bei, indem er z.B. dem Publikum zeitweise den Rücken zukehrte und somit einen engeren Dialog mit dem Werk ermöglichte.

Das Theater blieb niemals außen vor. Es war nicht spektakulär, es erleichterte einem nur den Einstieg in die Welt Debussys und d’Annunzios und hielt uns vor Augen, daß unser Leben das Theater ist.
Zunehmend besser verstand man die Auswahl der Musikstücke, denn diese boten den Instrumentalsolisten wie auch dem Gesamtorchester die Möglichkeit, ihr Können in vollem Umfang unter Beweis zu stellen: die Solovioline von Kolja Blacher, der satte Wohlklang der 16 Celli, angeführt von Georg Faust und Natalia Gutman, die Flöte von Emmanuel Pahud – nicht zu vergessen Chiara Tonelli. Das unentwegte Spiel an der Klanggrenze, die exstatischen Piani der Violinen, die langsam in der Stille endeten, die Anforderungen an die Harfen und die Holzbläser, das Spiel der Kontraste, die aus dem Eingreifen der Blechbläser entstanden, all das trug zu einer Musik bei, der man bis anhin nicht gerecht geworden war.
Abbados Orchester klang ausserordentlich transparent, auch dank der großartigen Akustik des Saales. Der Eindruck bildlicher Pinselstriche aus der Erfahrung mit dem Wagner-Stück verstärkte sich in einem permanenten Wechsel zwischen dem Einzelnen und dem Ganzen.
Der Chor vermittelte ebenfalls einen homogenen Eindruck. Dieser war während des ganzen Konzertes anwesend, obwohl er erst in ‚Le Martyr de Saint Sébastien’ zum Einsatz kam. Dies verdeutlichte dem Publikum, daß es sich bei dem Konzert um ein Gesamtkunstwerk handelte, bei dem es galt, thematische und musikalische Verbindungen herzustellen. Dieses kulturelle Verständnis ist typisch für Claudio Abbado.

Am Ende der Aufführung dann ‚La Mer’, die symphonische Dichtung, die von Debussy den bescheidenen Untertitel ‚Drei symphonsiche Skizzen’ erhalten hat.

Das Stück raubte einem von Anfang an den Atem! Man müßte sie alle aufzählen, die Holzbläser, die Blechbläser, die Celli, die Bässe... . Es entstand eine einzigartige Energie, die sich aus der Gesamtheit der Interpretation und dem Engagement jedes Einzelnen Musikers entfaltete.
In der Aufführung dieser Musik war soviel ungeheure Freude und Miteinander zu spüren, daß im Anschluß an das extrem präzise und hochgradig spannungsgeladene Crescendo am Ende des Stückes das Publikum nicht anders konnte als seine Begeisterung herauszuschreien.
Zusammenfassend kann man sagen, daß wir, im Hinblick auf dieses Konzert, einer gelungenen ‚Geburt’ beigewohnt haben. Dieser Umstand ist der Freundschaft der Musiker und der Freude am gemeinsamen musizieren zu verdanken.
Aber wie immer erinnerte uns Abbado daran, daß die Kunst eins ist, daß alles aufeinander abgestimmt sein muß.

‚Die Düfte, die Farben und die Klänge werden eins’ sagt Baudelaire.
Uns wurde ein wunderbares, in Musik umgesetztes impressionistischen Bild vorgeführt, das uns wieder einmal eine Sicht auf die Welt in ihrer geheimnisvollen und tiefgründigen Einheit gab.







































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19/09/2003 EuroArts Hinweis
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18/09/2003 Biographie
18/09/2003 News von Luzern (2)
05/08/2003 News von Luzern(1)
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14/07/2003 Editorial
14/07/2003 Briefe für Claudio's Geburtstag
14/07/2003 Classica TV (Ital) Oktober

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Filmreihe
«Claudio Abbado»
15. - 19. August 2003


Im Rahmen der Kulturpartnerschaft LUCERNE FESTIVAL-ARTE werden im Rahmen von SOMMER 2003 und anlässlich des 70. Geburtstages von Claudio Abbado vier Filme über und mit dem Chef des LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA gezeigt.

Zwei der Filme (17. und 19.8.) werden in Luzern exklusiv als Avant-Première vor der Erstausstrahlung im Kulturkanal ARTE präsentiert.

Freier Eintritt

Freitag, 15. August, 22.00 Uhr
Kleiner Saal

Abbado Nono Pollini: Eine Kielspur im Meer

Ein Film von Bettina Erhardt und Wolfgang Schreiber

(BCE Film, 2000, 60')


Samstag, 16. August, 21.00 Uhr
Kleiner Saal

Europakonzert vom 1. Mai 2002 im Teatro Massimo, Palermo

Berliner Philharmoniker, Claudio Abbado, Gil Shaham, Violine

Werke von Beethoven, Brahms, Dvorak, Verdi

TV-Regie: Bob Coles; Produzent: Paul Smaczny

(NHK/VIDEAL/brilliant media)


Sonntag, 17. August, 21.00 Uhr Kleiner Saal

Claudio Abbado dirigiert Schubert I (2002)

Konzert zum 21. Jubiläum des Chamber Orchestra of Europe in der Cité de la musique Paris am 25.5.2002

Anne Sofie von Otter, COE, Claudio Abbado

TV-Regie: Andy Sommer

(ARTE France/Bel Air Media)

(40')


Dienstag, 19. August, 18.00 Uhr, Kleiner Saal

Claudio Abbado dirigiert Schubert II (2002)

Konzert zum 21. Jubiläum des Chamber Orchestra of Europe in der Cité de la musique Paris am 28.5.2002

Thomas Quasthof, COE, Claudio Abbado

TV-Regie: Andy Sommer
(ARTE France/Bel Air Media)
(40')




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