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Musikverein: Begrüßungsjubel für Claudio Abbado Triumphales Gastspiel des Gustav Mahler Jugendorchesters Von Peter Vujica Wien - In mancher Hinsicht heiß hergegangen ist es am Dienstag, als das Gustav Mahler Jugendorchester mit Claudio Abbado an der Spitze auf seiner diesjährigen Ostertournee im Musikvereinssaal Station machte. Es hätte der vielen Scheinwerfer gar nicht bedurft, um die Stimmung gleich zu Beginn des Konzertes zum Siedepunkt aufzuheizen und in dampfenden Jubel explodieren zu lassen. Dazu genügte allein schon das Erscheinen Claudio Abbados an der Stelle, an der er in den vergangenen Jahrzehnten schon ungezählte Triumphe - und diesmal zweifellos und allzu berechtigt einen seiner größten - feierte. Mit vitaler Grazie führt Abbado dieses vor 20 Jahren von ihm selbst gegründete Orchester im Verlauf von Arnold Schönbergs Pelleas und Melisande und Gustav Mahlers vierter Symphonie durch die unterschiedlichsten Gefilde der Spätromantik. Und die ambitionierte jugendliche Hundertschaft folgt ihm mit geradezu stürmischer Loyalität, reagiert auf seine wie selbstverständlich wirkenden Winke mit beinahe schon automatenhaft präziser Akkuratesse. Allein schon durch dieses unüberseh- und vor allem unüberhörbare perfekte Wechselspiel wurde dieses Gastkonzert atmosphärisch haushoch über so manche Darbietung tourender Zelebritäten gehoben und dessen mediale Dokumentation gerechtfertigt. Nicht zuletzt durch den augen- und ebenfalls ohrenfälligen Bonus dieses Ensembles, der in seiner in den Streicherdivisionen numerisch überaus luxuriösen Besetzung liegt. Darin mag auch der Grund dafür liegen, dass so manches Forte doch etwas überprall geriet. Dynamikkontraste Andererseits waren es ja doch wieder die unvergleichlich spannend ausgespielten dynamischen Kontraste, die den Gang durch Arnold Schönbergs eng verschlungenes und trotz intakter Harmonik etwas unwegsames motivisches Dickicht anhaltend anregend machten. In Mahlers Vierter hingegen waren es - neben aller obligatorischen und bestens realisierten volkstümelnden Heiterkeit - die unvergleichlich zart gesponnenen Piano- und Pianissimoschleier, in denen manch deftiges Stampfen mitunter verwehte und die sich stellenweise auch um das von Juliane Banse im Schlusssatz intonationssicher vorgetragene "Wunderhorn"-Solo (Das himmlische Leben) rankten. Über dem freudigen Jubel für Claudio Abbado, in den Publikum und Orchester am Schluss des Konzertes ausbrachen, könnte man beinahe die widerwärtige Unterwürfigkeit übersehen, mit der im Programmheft allen möglichen amtierenden und nicht amtierenden Staatsoberhäuptern, Kuratoren und Sponsoren gehuldigt wird, bis endlich auf Seite 20 von Claudio Abbado die Rede sein darf. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.4.2006) www.derstandard.at
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Aktualisierung
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