Abschied von Berlin


Abschied von Berlin

Berliner Zeitung

Berliner Zeitung 28.April


Rosen, musikalische Streiche und Verdienstkreuz für Abbado

Berlin (dpa) - Bundespräsident Johannes Rau hat im Schloss Bellevue dem scheidenden Chefdirigenten der Berliner Philharmoniker, Claudio Abbado, das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern verliehen.

In einer musikalischen Matinee zum Abschluss von Abbados Konzerten als Chefdirigent in Berlin würdigte das Staatsoberhaupt die «ganz außergewöhnliche musikalische Laufbahn» des 68-jährigen italienischen Dirigenten, der 1989 zur allgemeinen Überraschung zum Nachfolger Herbert von Karajans gewählt worden war.

In seiner zwölfjährigen Amtszeit in Berlin habe er das Orchester zu neuen Höhen und Triumphen geführt und ihm die Spitzenposition unter den Klangkörpern der Welt gesichert. Rau würdigte auch das musikpädagogische Engagement Abbados und seine Arbeit mit verschiedenen Jugendorchestern. «Es hat uns gefreut, dass Sie nach Ihrer schweren Krankheit mit Ihrer Liebe zur Musik wieder an das Dirigentenpult zurückgekehrt sind.» Der an Krebs erkrankte Abbado hatte 1998 angekündigt, seinen Vertrag in Berlin nicht mehr zu verlängern. Sein Nachfolger wird im Sommer der Brite Simon Rattle.

Abbado sagte, er sei dankbar für die zwölf Jahre in der Stadt. «Ich habe sehr viel gelernt von Ihrer Kultur, das wird immer bleiben in meinem Herzen, in meiner Seele.» Er habe ein wunderbares Orchester geleitet mit viel innerer Harmonie. «Die ersten Proben und Konzerte nach meiner Operation waren die beste Medizin für mich.» Seine Wahl 1989 zum Chefdirigenten sei für ihn eine große Überraschung gewesen, «ich habe das nicht geglaubt». Es sei für die Musiker am Anfang nicht immer einfach gewesen, «zu verstehen, was ich möchte».

Der Hornist Klaus Wallendorf verabschiedete sich von seinem Chef mit den Worten: «Grazie, Claudio, per tutto! Ich fürchte, du wirst uns fehlen!» Orchestermitglieder spielten im Schloss Bellevue «Till Eulenspiegels lustige Streiche» von Richard Strauss und «Bagatellen für Bläserquintett» von György Ligeti.

Am Freitag hatte es Hunderte Rosen und Nelken in der Philharmonie geregnet, als Abbado zum letzten Mal in seiner Eigenschaft als Künstlerischer Leiter der Berliner Philharmoniker am Pult stand. Manche Musiker wischten sich Tränen aus dem Gesicht. Bereits an diesem Montag starten die Musiker mit Abbado eine Konzertreise in sein Heimatland Italien und nach Wien. Am 1. Mai geben sie das traditionelle Europa-Konzert in Palermo. Mit Gustav Mahlers «Siebter» verabschiedet sich dann Abbado im Wiener Musikvereinssaal von seinem Berliner Orchester. Der von seiner Krebserkrankung gezeichnete Maestro will sich zunächst in sein Haus im Schweizer Fextal zurückziehen.