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Klassik:
Letzte Ehre für einen großen Wiener Musiker
VON GERHARD KRAMER (Die Presse) 31.10.2006
Eine wahre Weltelite gedachte im Konzerthaus des verstorbenen Bratschisten Thomas Kakuska.
Sir Simon Rattle und Alban Berg Quartett (c) APA
Thomas Kakuska, geboren 1940, war der Inbegriff eines Wiener Musikers mit böhmischen Wurzeln, von unbändiger Musizierfreude gepaart mit Intelligenz, Belesenheit und feinem Humor. Seine Laufbahn führte ihn von den Wiener Solisten über den Konzertmeister des Tonkünstlerorchesters zum Bratschisten des Alban Berg Quartetts, dem er von 1981 bis zu seinem Tod am 4. Juli 2005 angehörte.
Welch großer Musiker, welch wunderbarer Mensch und Freund muss er gewesen sein, dass ihm eine wahre Weltelite an Dirigenten, Sängern und Instrumentalisten jetzt mit einem Gedenkkonzert die letzte Ehre erweisen wollte! Claudio Abbado und Sir Simon Rattle (diesmal als Pianist), Angelika Kirchschlager, Magdalena Kozená und Thomas Quasthoff, eine Abordnung der Wiener Philharmoniker, Elisabeth Leonskaja, Heinrich Schiff und selbstverständlich Kakuskas Alban Berg Quartett - allein die Aufzählung gibt ein Bild von der Dichte des Abends im Großen Konzerthaussaal, dessen Reinertrag dem SOS-Kinderdorf zugutekam. Detailkritik verbietet sich so von selbst. Aber es sei doch angemerkt, dass zuweilen ein tieferer Ernst über Passagen von verhaltenem oder dramatischem Charakter zu walten schien.
So gleich in der Einleitung und der Durchführung des ersten Satzes aus dem Schubert-Oktett (Hanna Weinmeister & Co.), in der gewaltigen Steigerung von Messiaens "Louange à l'Éternité de Jésus" (Valentin Erben, Simon Rattle) oder in der ergreifenden Dumka aus Dvoráks A-Dur-Klavierquintett (Rattle mit dem Alban Berg Quartett).
Weitere Höhepunkte: Das vom selben Quartett mit Elisabeth Leonskaja mit inniger Verhaltenheit musizierte Andantino aus Schuberts Forellenquintett. Selbstverständlich die Beiträge der Sängerstars: Magdalena Kozená mit den sensibel ausgekosteten "Chansons de Bilitis" von Debussy, Angelika Kirchschlager mit ihrer expressiven Intensität bei Brahms und Schubert und zuletzt Thomas Quasthoff mit Orchesterliedern von Mahler und Schubert, Letztere instrumentiert von Webern bzw. Reger. Da saßen sie alle nochmals einträchtig am Podium: Günter Pichler, Irvine Arditti, Michael Schnitzler oder die Konzertmeisterinnen der Volksoper und der Zürcher Oper an der Geige, Franz Bartholomey (Cello) und Wolfgang Schulz (Flöte), der Englischhornist der Berliner Philharmoniker Dominik Wollenweber, Milan Turkovic am Fagott . . . Und Claudio Abbado, seit zehn Jahren erstmals wieder im Konzerthaus zu Gast, legte Quasthoffs leidenschaftlichem Singen einen samtenen Klangteppich zu Füßen. Der randvolle Saal konnte da nur mit Standing Ovations reagieren . . .
Fazit: Ein Abend, wie es ihn noch nie gab und der in dieser Form wohl auch nicht mehr wiederkommen wird.
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