WANDERER'S
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T O K Y O 2006
Wie schon so oft fehlen dem Wanderer die Worte. Die Aufführungen, die er hörte, machten ihn (beinahe) sprachlos.
Begleitet von drei Freundinnen hatte der Wanderer das große Glück, zehn Tage in Japan zu verbringen und die Konzerte des Lucerne Festival Orchestra in der Suntory Hall von Tokyo miterleben zu können.
Die Luzerner Konzerte dieses Sommers waren durch ihre Qualität und emotionale Intensität überwältigend. Sie wurden von denen in Tokyo übertroffen, was der Wanderer nicht für möglich hielt.
Von Beginn, vom ersten Satz der 6. Symphonie Mahlers an, spürt man eine Intensität, einen dezidierten Willen derart, dass dem Wanderer der Atem stockte. Bis zum Schluß brutal, unbarmherzig hat er sich nicht wieder erholt. Es erschien ihm als sei er ständig außer Atem.
Abbado hat ungemein intensiv und sehr ausdrucksvoll dirigiert. Er hat unendlich viel Gefühl an das Orchester gegeben und bekam es mehrfach zurück. Welch ein Erlebnis!
Was den Wanderer u.a. sehr beeindruckt hat war die Atmosphäre im Konzertsaal. Schon beim Betreten des Saales herrscht eine andachtsvolle Stille. Die Ruhe und Konzentration während der Aufführung ist beachtlich und die anhaltende Stille am Ende der Symphonie - ein kleines Wunder.
Am zweiten Abend (14.10.) ist der erste Satz etwas weniger eindringlich, aber die Aufführung genauso meisterhaft. Abbado und das Orchester haben es geschafft, trotz Programmwiederholung, die Spannung und Konzentration zu halten. Das lange Schweigen nach dem letzten Ton ist erneut sehr beeindruckend.
Tokyo ist wirklich eine sehr laute Stadt. Abgesehen von dem (zu jeder Tageszeit starkem) Verkehr stehen an den Geschäftseingängen Personen die laut versuchen, einen in diese Läden zu locken. An den Ampeln ertönen Durchsagen und Autos kreuzen mit Werbeslogans durch die Straßen. Der Wanderer erlebte ein Land voller Kontraste und Widersprüche, in z. T. grelle Farben getaucht und mit einer stets hilfsbereiten Bevölkerung.
Der Wanderer hat aber auch an den konzertfreien Tagen Ausflüge in das Landesinnere gemacht nach Nikko, Kamakura und vor allem Kyoto. Da erlebte er erneut viele Gegensätze: in Nikko sehr bunte Tempel, in Kyoto dagegen ganz schlichte, aber nicht weniger beeindruckend.
Das zweite Programm beinhaltete Brahms und Bruckner. Dem Wanderer (und seinen Gefährten) gefiel die Wiedergabe des 2. Klavierkonzerts von Brahms (mit Maurizio Pollini) sehr viel besser als im Sommer in Luzern. Erneut (vor allem am 2. Abend) kaum eine Pause zwischen dem 1. und dem 2. Satz, aber diesmal zumindest waren Orchester und Dirigent darauf vorbereitet.
Was soll man zu der Wiedergabe der 4. Symphonie Bruckners sagen? Bereits in Luzern war der Wanderer überwältigt von dieser Interpretation. Welches Glück, sie nochmals hören zu dürfen! Vom Anfang an, gleich beim butterweichen Einsatz von Bruno Schneiders Horn, herrscht eine große Spannung. Vor allem der 3. Satz leuchtet einzigartig, ist von einer unvergleichlichen Genauigkeit und bringt die verschiedenen Themen und Rhythmen eindrucksvoll zur Geltung. Einziger Wermutstropfen: hier reagiert das Publikum leider zu schnell.
Aber all das ist nichts im Vergleich zu der Wiedergabe dieser Symphonie am letzten Abend…
Der Wanderer ist in den letzten Jahren außerordentlich verwöhnt worden. Dennoch wird er diesen Abend stets in Erinnerung behalten. Angesichts der Majestät des 1. Satzes, der Schönheit des 2., der Transparenz und Geschmeidigkeit des 3. und der Gefühlsintensität des letzten Satzes fehlen dem Wanderer die Worte. Somit kehrt er zum Anfang des Textes zurück.
Das Lucerne Festival Orchestra und Claudio Abbado haben sich in Tokyo übertroffen und uns unvergeßliche Stunden beschert. Wir können alle dafür nur sehr glücklich und dankbar sein.
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